Die DDR hat’s nie gegeben: ein Austausch in einer Facebook-DDR-Gruppe

Dieser Kommentar von mir sorgte für beinahe hundert (meist zustimmende) Rektionen:

Tatsächlich ein Land, auf das man stolz sein konnte: es gehörte denen, die darin lebten und arbeiteten. Und das ist – bei allen Fehlern und Mängeln der DDR – etwas, was in einem kapitalistischem Staat nicht möglich ist, wo private Eigentümer alle Reichtümer und Produktionsmittel besitzen und die Mehrheit der Leute für den Profit der besitzenden Klasse dienstbereit zu sein hat.

FB-Gruppe DDR-Heimtabilder + DDR-Alltagsbilder

Aufgrund der zahlreichen Reaktionen und weiteren Kommentare gabs einen Nachtrag meinerseits:

Nachtrag:
Ich habe eigentlich nur das Offensichtliche festgestellt – interessant, wieviel Reaktionen und Kommentare es auslöst.

Egal was man über den ersten deutschen Sozialismusversuch denkt, die Fakten sind unumstößlich: etwa 40 Jahre lang gab es in einem Teil Deutschlands eine andere Gesellschaftsordnung, die zum ersten Mal in der deutschen Geschichte die Geschickte des Landes und die Früchte der Arbeit in die Hände der Mehrheit der Bevölkerung legte.

Es war ein erster Schritt, der zudem noch inmitten einer unversöhnlichen Auseinandersetzung zwischen nuklear bewaffneten Machtblöcken stattfand. Und DAFÜR waren seine Resultate recht ordentlich, auch wenn man zu recht viele Mängel und Einschränkungen kritisieren kann.

Gedankenexperiment:
Stellt euch einfach vor, ihr arbeitet für euren Nachbarn auf dessen Grundstück. Auch eure Unterkunft gehört i.d.R. dem Nachbarn oder einem anderen fremden Dritten. Ihr könnt davon auch einigermaßen leben, aber NICHTS von all dem, womit ihr arbeitet und was ihr produziert, gehört euch. Der Nachbar zahlt euch den Lohn, den er sich leisten will und sieht zu, dass eure Arbeit ihn wohlhabend macht und dass sein Business immer besser läuft. Alle naselang streitet der Nachbar mit auswärtigen Geschäftemachern seines Schlages – dann gibt’s Krieg, für den auch wieder ihr geradezustehen habt.

Auf was wollt ihr da „stolz“ sein? Dass ihr es aushaltet, ein Leben lang dienstbare Geister am Gewinn anderer zu sein?

Umgekehrt stellt euch vor, dass das ganze Land, alle Grundstücke, keinem Einzelnen oder Gruppen reicher Einzelner gehören, sondern allen, die darauf leben und arbeiten. Auch die Arbeitsstätten gehören allen, und niemand muss Angst haben, dass seine Arbeit für Dritte diesen keinen Gewinn mehr bringt und er sie deswegen verliert. Jeder hat Unterkunft, jeder hat Arbeit; Bildung und Gesundheitsversorgung sind so gut wie kostenlos, und das Wichtigste: das Land lebt in Frieden.

DARAUF kann man stolz sein, weil es das Resultat der EIGENEN Arbeit als Gesellschaft, als Volk ist und weil die Früchte der Arbeit tatsächlich allen zugute kommen.

Das war, was in der DDR versucht wurde, egal wie schlecht es umgesetzt wurde. Komischerweise wird nur die DDR an ihren negativen Aspekten gemessen und verurteilt – die ungleich brutaleren, um Größenordnungen leichenträchtigeren negativen Aspekte des Kapitalismus – Armut, Hunger, Kriege, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, krasseste soziale Not etc. – aber werden stets als bedauerliche Ausrutscher eines im Grunde unschlagbar guten Systems idealisiert.

Zurück in die Zukunft, vorwärts in die DDR 2.0!

Nach einer Generalüberholung von Doc Browns DeLorean konnte ich einen Kurztrip in eine Berliner Parallelrealität des Jahres 2037 unternehmen.

Zu gerne wäre ich gelandet, aber wir waren nicht sicher, ob wir genügend Brennstoff für den Fluxkompensator auftreiben würden. Daher zogen wir es daher sicherheitshalber vor, nach einem kurzen Überflug wieder in unsere Zeit und Realität zurückzukehren – gestärkt und neu inspiriert von dem, was wir dort sahen!

Republikfeiertag 2022

Eine Facebookfreundin schreibt:

Ich möchte heute, am Nationalfeiertag der DDR, noch etwas sagen.

Ich bin 1981 im Westen geboren und kannte die DDR nicht. Als 18 jährige bin ich nach Berlin gegangen und habe an der Tanzakademie und in der Kulturbranche viele aus der DDR kennengelernt.

Ich war zu diesem frühen Zeitpunkt in meinem Leben schon so ein asoziales Verhalten in der Gesellschaft gewöhnt, in der ich groß geworden bin, dass es für mich ein Phänomen war, dass solche Menschen, wie aus der DDR, überhaupt existieren. Sie waren für mich schon fast wie eine Spezies von einem anderen Planeten, die tatsächlich sozial eingestellt sind, niemanden ausgrenzen, Solidarität und echten Zusammenhalt kennen.

Sollte dieses Deutschland noch einmal geteilt werden, ist für mich völlig klar, dass ich in den Osten gehen werde. Ich bin vom Westen dermaßen geschädigt, dass ich mir seinen Untergang wünsche, seine Ideologien verbanne, seinen Einflüssen, Verführungen und Manipulationen widerstehen und für immer den Rücken kehren will.

Meine Antwort:

Das deckt sich mit meinen Beobachtungen und Erfahrungen. In den 1950er Jahren in Hamburg geboren, in der Wiederaufbau- und Wohlstands-BRD sozialisiert und von klein auf mit der Milch der marktwirtschaftlichen Denkungsart und der US-Kultur aufgezogen, und das in einer sozialdemokratisch-kommunistischen Arbeiterfamilie, die nach und nach den Weg in die gehobene Mittelschicht zurücklegte – all das reichte nicht aus, um mein Unbehagen über die bzw. meine Kritik an den verlogenen Zuständen des kapitalistischen Alltags auszulöschen.

Die marktwirtschaftsgemäße Deformation der Individuen, ihr Geiz, ihre Gewinnsucht, ihre Kleingeistigkeit, ihre Besessenheit nach Erfolg in der Konkurrenz stieß mich ab solange ich denken kann.

Als ich lange nach Ende der DDR in Weimar landete und dort auf Menschen traf, die nicht die Schule westlicher Konkurrenz und Entsolidarisierung durchlaufen hatten, fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben in Deutschland zuhause.

Bei aller notwendigen (solidarischen!!) Kritik am ostdeutschen Sozialismusversuch gibt es zwei Dinge, die die DDR zum besseren Deutschland machen

Erstens die Tatsache, dass die DDR der einzige Friedensstaat in der deutschen Geschichte ist und bleibt. 40 Jahre lang ging kein Krieg von deutschem Boden aus, jedenfalls nicht vom Boden der DDR.

Zweitens der Umstand, dass die DDR-Menschen in ihrer Mehrzahl – dank der Sowjetunion und dank des Aufbaus des Sozialismus, egal wie holprig der war – ohne Ausbeuterei und kapitalistische Konkurrenz eine Gesellschaft errichteten, die ein anständiges Leben für alle jedenfalls als Absicht und Ziel anvisierte.

Inspiriert von der Kritik der politischen Ökonomie, die Marx und Engels formuliert haben und gestützt auf die humanistischen und revolutionären Traditionen der deutschen Geschichte und Kultur.

Nach einer Weile merkte ich, vor allem am Arbeitsplatz, dass ich mir das nicht einbildete, sondern dass in der DDR aufgewachsene und ausgebildete Menschen die Haltung einer praktischen, menschlichen, umfassenden Solidarität tatsächlich als Selbstverständlichkeit leben. Meine Erleichterung darüber, dass es sowas wirklich gibt und dass das selbst nach der Rückeroberung der DDR durch den BRD-Kapitalismus zumindest in den Leuten meiner Generation nicht mehr auszulöschen war, kannte keine Grenzen.

Ich verschließe absolut nicht die Augen vor dem, was ich den „Gartenzwerg-Sozialismus“ der DDR nenne, die Engstirnigkeit, Spießigkeit, Bevormundung und Einschränkung der Bewegungsfreiheit (nicht dass das ein DDR-Spezifikum wäre; so ähnlich und schlimmer kennt man es aus der heutigen BRD und anderen imperialistischen Staaten). Trotzdem feiere ich den Republikgeburtstag und diesen kleinen mitteleuropäischen Staat, als Ausdruck der Hoffnung auf ein Leben ohne die Barbarei des imperialistischen Krieges, ohne die Primitivität der kapitalistischen Konkurrenz und ohne die Widerwärtigkeit der demokratischen Propaganda, die aus Lüge Wahrheit, aus Krieg Frieden, und aus Unwissenheit Stärke macht.

Verdrängte Geschichte der DDR: war der Sozialismus wirklich so anti-rassistisch wie behauptet?

Kay Strathus, erzähl du uns, wie toll die Zone war

Ein Facebook-Diskussionspartner mit DDR-Biografie beantwortet jede Kritik an seinen großdeutsch-antikommunistischen Suaden mit der Herkunftsfrage: wer nicht aus der DDR ist, kann nicht mitreden. In diesem Fall sagt er:

Kay Strathus, erzähl du uns, wie toll die Zone war 🙈“

Das mach ich natürlich gerne:

Och nö, Peterchen, das macht mal selber. Ich fand sie halt ziemlich scheisse, die Zone:

Erst den Krieg vergeigen, nix draus lernen und zähneknirschend auf demokratisch machen, aber blitzschnell all die alten Seilschaften wieder installieren, die uns den Faschismus eingebrockt haben.

Dann Deutschland spalten, indem man eine „Währungsreform“ macht und einen Separatstaat gründet; danach einen bewährten faschistischen Kriegsverbrecher und Nazi-Geheimdienstmann den neuen „demokratischen“ Geheimdienst aufbauen lassen;

Außerdem so gut wie sämtliche Amts- und Würdenträger des faschistischen Vorgängers wieder in Funktionen einsetzen, bis in höchste Ämter… ich weiß nicht, was ich dran „toll“ finden sollte.

Ich spreche natürlich von der Westzone.

Da muss man, rückblickend betrachtet, einfach einräumen, dass sogar der spießige Gartenzwergsozialismus der DDR „das bessere Deutschland“ war und immerhin auf der richtigen Seite der Geschichte stand.

Sogar die paar Zugeständnisse, die das BRD-Regime an die arbeitenden Bevölkerung gemacht hat, hatten sehr viel zu tun mit dem Bemühen der BRD-Machthaber, ihrem Laden eine „Schaufensterfunktion“ in Richtung DDR zu verpassen und keine zu offensichtliche Verarsche der proletarischen Basis einreißen zu lassen.

In der BRD kursierte damals ein Bonmot, nach dem z.B. bei Tarifverhandlungen immer „die DDR als unsichtbarer Verhandlungspartner mit am Tisch sitzt“ – die Zugeständnisse im Klassenkampf wurden gemacht, um dem feindlichen System „da drüben“ keine propagandistische Munition zu liefern. Damit wars dann nach der Annexion ja auch sehr schnell zuende.

Ich weiß, das passt gestandenen Antikommunisten überhaupt nicht. Aber das Lob der (West-)Zone musst du schon selber singen. Ich verlege mich lieber darauf, bei aller Kritik am bürokratischen Herrschaftsstil realsozialistischer Art auf die fundamentalen und unschlagbaren VORZÜGE des besseren Deutschlands hinzuweisen:

FRIEDEN als erstes und wichtigstes (im Gegensatz zum anschwellenden Bocksgesang von Ostlandfeldzug und weltweiter Kriegführung der demokratischen NATO-Krieger des Westens, der gerade wieder laute und lauter wird)

Garantie grundlegender Menschenrechte durch die sozialistische Staatsmacht, wie Freiheit von Arbeits- und Wohnungslosigkeit, kostenlose bzw. sehr günstige Bildung und Gesundheitsversorgung für alle, usw.

Ich weiß, ihr Antikommunisten hört das nicht gerne, weil eure freiheitlich-demokratischen Glaubenssätze ja im wesentlichen aus Schafgeblöke á la „BRD gut, DDR schlecht“ bestehen – aber da müsst IHR mit leben.

Ich für meinen Teil bin ein Freund einer zwar kommunistischen, aber differenzierten, alle Seiten und Aspekte einer Sache beleuchtenden Betrachtungsweise. Und da komme ich unterm Strich zu dem Ergebnis, da Peter Hacks einst so formulierte: der schlechteste Sozialismus ist immer noch besser als der beste Kapitalismus.

Deal with it, mate.

Antikommunismus als raison d‘etre des west-(heute wieder groß-) deutschen Imperialismus

ist ja ein alter Hut.

Interessant ist jedoch, dass auch die Lohnschreiber und -denker der herrschenden Ideologie inzwischen scheinbar nicht umhin kommen, Ulbrichts NÖP („Reformen“) als Ursache seiner Absetzung durch Honecker zu charakterisieren.

Natürlich bleibt Ulbricht „DDR-Diktator“, „gnadenloser Apparatschik“, „Machtmensch“, der „die Welt“ belog (frecherweise nicht nur über die Mauer, sondern auch noch „über sein Privatleben“) – soviel antikommunistischer Geifer ist das freie Fernsehen der demokratischen Öffentlichkeit schuldig.

Kleines Detail aus der Doku: seine Adoptivtochter wurde von mehreren Parteigängern von Freiheit und Marktwirtschaft gruppenvergewaltigt, jedesmal mit Kommentaren wie „Das ist für die Mauer!“, „Das ist für die Stasi!“ und ähnlichem. Für die Filmemacherin kein Anlaß, einmal nach dem GRUND für den gewalttätigen Antikommunismus der demokratischen Sexualstraftäter zu fragen, sondern gleich wieder Anlaß, dem „DDR-Diktator“ Vorwürfe zu machen: „Warum nutzte Ulbricht nicht seine Macht, um die Täter zu fassen?“ usw.

DDR 1989: ”Wir waren freie Menschen” – Antwort auf einen freiheitlichen Untertanen

“Der 9. November 1989 – Die S-Bahn läuft zur Höchstform auf.und wir waren freie menschen,keiner brauchte mehr seine schnauzehalten,bis heute vermisse ich die DDR nicht.” schreibt ein leicht legasthenischer und entschieden missionarischer BRD-Neubürger auf Facebook (in der Gruppe “DDR Erinnerungen & Ostalgie”).

Logisch, dass das eine Antwort verdient hat. Nicht für den Troll der bürgerlichen Herrschaft, aber für die Mitlesenden:

„Wir waren freie Menschen“ – der war echt gut.

Ja, eure Freiheit hat es in sich:

– die Freiheit, einem Kapitalisten zu dienen, damit sich dessen Reichtum vermehrt

– die Freiheit, arbeitslos zu werden, wenn eure Dienste am Reichtum anderer nicht mehr gefragt sind

– die Freiheit, die Wohnung zu verlieren, wenn ihr die Miete (das leistungslose Einkommen des Eigentümers) nicht mehr aufbringen könnt

– die Freiheit, euren Dienst am Reichtum der Besitzer der Produktionsmittel unter immer stärkerem Arbeitsdruck für immer weniger Reallohn verrichten zu dürfen

– die Freiheit, euch in den Schaufenster der Reisebüros die Reisen vorstellen zu können, die ihr euch nicht leisten könnt

– die Freiheit, eure freie Meinung ganz frei aus 1000 verschieden Medien, die 2 oder 3 Oligarchenfamilien gehören, zu bilden

– die Freiheit, im freien Konkurrenzkampf jeden Scheissjob annehmen und für Niedriglohn bis zur Armutsrente arbeiten zu dürfen

– die Freiheit, sich mit dem neuen Großdeutschland und seinen imperialistischen Weltordnungsambitionen zu identifizieren

– die Freiheit, sich auf all diese Untertanenfreiheiten per BILD und TAGESSCHAU auch noch was einzubilden

– usw.

Ja, herzlichen Glückwunsch zu dieser wunderbaren Freiheit, werte Freunde von Bananen, Westautos und Fassadenfarbe.

Ihr habt’s nicht anders verdient.“

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Das Verblödungsdatum steht an: Vollzug des Anschlusses der DDR als freudige Einheitsfeier, aber die Verdammung des Unrechtsstaates lässt an Schärfe noch zu wünschen übrig

Wer beim Autofahren standardmäßig WDR3 hört (der einzige Nicht-Dudelfunk mit einer gediegenen Auswahl an klassischer, elektronischer und Jazz-Musik) kommt dann aber auch nicht um die zwischen die Musik gestreuten Textbeiträge und Interviews herum. Heute morgen ein Gespräch mit Ines Geipel, früher Sportlerin in der DDR, heutzutage Professorin im Westen. Die Dame, offensichtlich ein professionelles Opfer, beschwert sich darüber, dass die „drei Millionen Opfer” der DDR zu wenig oder keine Beachtung mehr finden würden im öffentlichen Diskurs des neuen, nun schon 30-jährigen Großdeutschlands. Der beflissene Moderator erklärt gleich, um welche Art Opfer es sich bei dieser sagenhaften Zahl handelt: Häftlinge in den Gefängnissen, im GULAG (!), Opfer von Zwangsadoptionen und Zwangsdoping… Man wundert sich bei soviel Opfertum, dass nicht gleich eine Zahl von 17 Millionen herausgekommen ist, denn waren nicht schon die kleinen in den Kinderkrippen irgendwie Opfer?

Frau Geipel beklagt dann noch die Einstellung „der Ostdeutschen“, dass die Stasi immerhin keinen Holocaust veranstaltet hätte und demnach „nicht alles nur schlecht“ gewesen sei – sogar die jüngere Generation im Annektionsgebiet sei derartig lax im Umgang mit der Vergangenheit des Unrechtsstaates!

Jedenfalls ist die schwer opferbesessene Professorin nun erst richtig in Fahrt gekommen; als nächstes lamentiert sie über das Versäumnis der „Diktatur“ da drüben, den Holocaust und „die erste deutsche Diktatur“ aufgearbeitet zu haben. Nicht nur nicht aufgearbeitet, verschwiegen hätten die DDR-Machthaber dieses dunkle Kapitel. Wie es überhaupt Zeit wäre, „beide Diktaturen“ in einen geschichtlichen Zusammenhang zu stellen und der Jugend von heute zu vermitteln, „was ein Jugendwerkhof“ war.

Normalerweise wechsle ich bei solch debilem antikommunistischer Unfug schnell den Sender; diesmal jedoch höre ich bis zum Schluss zu, weil ich das Gefühl habe, die akademische Hetzerin gibt den Duktus vor, nach dem gerade zum 30. Jahrestag der vollendeten Konterrevolution die offizielle Geschichte des Anschlusses und der Blick auf die DDR-Geschichte zu erfolgen hat.

Jedem Nachlassen in der Dämonisierung, Delegitimierung und beim Niedermachen des ersten Sozialismusversuches auf deutschem Boden soll entschieden begegnet werden, nämlich durch noch mehr Umdefinition der Geschichte im Sinne der kapitalistischen Sieger des Kalten Krieges, durch unermüdliche Lügen über „Opfer“ der „SED-Diktatur“ (Lügen, die Lügen bleiben, auch wenn es in der DDR unbestritten kritikwürdige bürokratische Gemeinheiten und Fehler gab).

Ich deute die absurde Horrorerzählung der Frau als gutes Zeichen – dafür, dass der Bedarf nach ideologischer Aufrüstung und Verstärkung der anti-sozialistischen Propaganda der bürgerlichen Herrschaft größer wird. Dass sich dafür allemal genügend Intellektuelle und gutdosierte Akademiker finden, die sich diese Märchen als höchst eigene Meinung zugute halten, ist eh keine Frage.

Gundermann – noch ein Beweis, wie böse der Stasi-Staat war

Gundermann.

Nachdem ich mehr mit halbem Ohr das lobpreisende Rauschen im Medienwald mitbekommen hatte und nachdem in den letzten Tagen hier in FB sich einige Freunde austauschten über dieses mit Preisen überschüttete angeblich “authentische”, “differenziert betrachtende”, “objektive DDR-Geschichtsaufarbeitung betreibende” Werk, war ich – als ich den Film bei Netflix entdeckte – neugierig genug, mal reinzuschauen.

Die Einstiegsszene zeigt einen zerknirschten Protagonisten, ehemals MfS-Mitarbeiter, NACH der Konterrevolution, zu Besuch bei einem Bekannten, über den er zu DDR-Zeiten Informationen an das MfS gab.

Die dramatische Rollenverteilung ist klar und wird von Filmemachern und -finanziers auch beim Publikum vorausgesetzt: MfS-Mitarbeiter (“Stasi-Spitzel”) sind das Letzte schlechthin; die moralische Verurteilung ist schon gar nicht mehr nötig, weil ohnehin in der bloßen Tatsache der Kooperation mit dieser Behörde begründet, wodurch sich ganz grundsätzlich auch 40 Jahre Wühltätigkeit, Sabotage, wirtschaftliche Erpressung, Terror und Subversion gegen den sozialistischen Staat (also all das, wogegen eine Behörde wie das MfS nötig war) noch im Nachhinein rechtfertigt, denn dadurch wurde ja schließlich dem erzbösen Gegner der Garaus gemacht. Und das hat der – wie der Film wieder mal zu beweisen hat – mehr als verdient.

Jedenfalls war ich bereits nach etwa 5 Minuten soweit, dass ich lieber abschalten wollte, da ich kein Bedarf an einem weiteren anti-sozialistischen Propagandaschinken habe – wie subtil und “authentisch” er auch daherkommt (und subtil war da eigentlich gar nichts).

Ich schaute dann aber doch noch eine gute halbe Stunde weiter ein Machwerk an, dass mit guten Schauspielern eine Idee bebildert, an deren massenwirksamer Perfektionierung die Staatsmacht des Eroberers seit nunmehr dreissig Jahren unermüdlich arbeitet: die Verdammung des Sozialismusversuches in dem Teil Deutschlands, der nach dem Weltkrieg Ernst machte mit dem antifaschistisch-demokratischen Neubeginn und eine Gesellschaft errichten wollte und errichtete, die Ausbeutung und Krieg ein Ende setzte und den Leuten die grundlegenden Menschenrechte auf Arbeit, Wohnung, Bildung und Erholung und vor allem: Frieden garantierte.

Dass so eine Gesellschaft sich die Feindschaft des Weltimperialismus und speziell des um seine östlichen Pfründe gebrachten BRD-Kapitals zuzog, muss nicht extra erwähnt werden.

Dass diese sehr konkrete und sehr tödliche Feindschaft eine äußerst wachsame Verteidigung nötig machte und der sozialistische Staat für die Sicherheit seiner Existenz (die die Sicherheit der Arbeiterklasse war, eben NICHT wieder zu lebenden Anhängseln eines profitablen Kapitalstandortes zu werden) ein ganzes MINISTERIUM schuf, muss angesichts der geschichtslosen, absichtlich herbeigeführten Massenhypnose des Anti-Kommunismus scheinbar immer wieder erklärt werden.

Ich würde gerne einen Film über die deutsche Geschichte sehen, der den propagandamedial inszenierten Gleichklang “DDR = Stasi = böse + darum Kapitalismus das einzig Senkrechte” auflöst und seinen Ex-MfS-Mitarbeiter sagen lässt:

“Ja! Ich war beim MfS, weil ich dazu beitragen wollte, dass die Freiheit von Ausbeutung, Not und Krieg, die unser Sozialismus garantierte, geschützt wird. Geschützt vor denen, die Kriege führen, die Leute hungern lassen, die Arbeit für den Reichtum anderer als Almosen vergeben, für das man dankbar zu sein hat… All das wollte ich meinem Volk ersparen und einer Truppe angehören, die sich als Schild und Schwert derjenigen Partei versteht, unter deren Führung der Sozialismus gegen die Todfeindschaft des Imperialismus aufgebaut wurde. Dass das nicht geklappt hat, finde ich selber scheisse. Ebenso finde ich scheisse, dass Überheblichkeit, Schikane und Bürokratismus bei uns eingerissen ist und so viele Karrieristen und Ja-Sager in Partei und MfS mitmischten. Trotzdem lagen und liegen wir in der Sache richtig und kein Eroberer, kein BRD-Funktionär, kein Wendehals und kein Apostel der Freiheit westlicher Weltbeherrschung kann sich auf den moralischen Richterstuhl setzen und mit seinen bluttriefenden Fingern auf unsere bescheidenen Versuche zeigen, uns ihn und seinesgleichen vom Halse zu halten.”

DAS würde ich wie gesagt gerne einmal im Kino sehen. Aber dafür gäb’s natürlich keine Filmförderung.