Gundermann – noch ein Beweis, wie böse der Stasi-Staat war

Gundermann.

Nachdem ich mehr mit halbem Ohr das lobpreisende Rauschen im Medienwald mitbekommen hatte und nachdem in den letzten Tagen hier in FB sich einige Freunde austauschten über dieses mit Preisen überschüttete angeblich “authentische”, “differenziert betrachtende”, “objektive DDR-Geschichtsaufarbeitung betreibende” Werk, war ich – als ich den Film bei Netflix entdeckte – neugierig genug, mal reinzuschauen.

Die Einstiegsszene zeigt einen zerknirschten Protagonisten, ehemals MfS-Mitarbeiter, NACH der Konterrevolution, zu Besuch bei einem Bekannten, über den er zu DDR-Zeiten Informationen an das MfS gab.

Die dramatische Rollenverteilung ist klar und wird von Filmemachern und -finanziers auch beim Publikum vorausgesetzt: MfS-Mitarbeiter (“Stasi-Spitzel”) sind das Letzte schlechthin; die moralische Verurteilung ist schon gar nicht mehr nötig, weil ohnehin in der bloßen Tatsache der Kooperation mit dieser Behörde begründet, wodurch sich ganz grundsätzlich auch 40 Jahre Wühltätigkeit, Sabotage, wirtschaftliche Erpressung, Terror und Subversion gegen den sozialistischen Staat (also all das, wogegen eine Behörde wie das MfS nötig war) noch im Nachhinein rechtfertigt, denn dadurch wurde ja schließlich dem erzbösen Gegner der Garaus gemacht. Und das hat der – wie der Film wieder mal zu beweisen hat – mehr als verdient.

Jedenfalls war ich bereits nach etwa 5 Minuten soweit, dass ich lieber abschalten wollte, da ich kein Bedarf an einem weiteren anti-sozialistischen Propagandaschinken habe – wie subtil und “authentisch” er auch daherkommt (und subtil war da eigentlich gar nichts).

Ich schaute dann aber doch noch eine gute halbe Stunde weiter ein Machwerk an, dass mit guten Schauspielern eine Idee bebildert, an deren massenwirksamer Perfektionierung die Staatsmacht des Eroberers seit nunmehr dreissig Jahren unermüdlich arbeitet: die Verdammung des Sozialismusversuches in dem Teil Deutschlands, der nach dem Weltkrieg Ernst machte mit dem antifaschistisch-demokratischen Neubeginn und eine Gesellschaft errichten wollte und errichtete, die Ausbeutung und Krieg ein Ende setzte und den Leuten die grundlegenden Menschenrechte auf Arbeit, Wohnung, Bildung und Erholung und vor allem: Frieden garantierte.

Dass so eine Gesellschaft sich die Feindschaft des Weltimperialismus und speziell des um seine östlichen Pfründe gebrachten BRD-Kapitals zuzog, muss nicht extra erwähnt werden.

Dass diese sehr konkrete und sehr tödliche Feindschaft eine äußerst wachsame Verteidigung nötig machte und der sozialistische Staat für die Sicherheit seiner Existenz (die die Sicherheit der Arbeiterklasse war, eben NICHT wieder zu lebenden Anhängseln eines profitablen Kapitalstandortes zu werden) ein ganzes MINISTERIUM schuf, muss angesichts der geschichtslosen, absichtlich herbeigeführten Massenhypnose des Anti-Kommunismus scheinbar immer wieder erklärt werden.

Ich würde gerne einen Film über die deutsche Geschichte sehen, der den propagandamedial inszenierten Gleichklang “DDR = Stasi = böse + darum Kapitalismus das einzig Senkrechte” auflöst und seinen Ex-MfS-Mitarbeiter sagen lässt:

“Ja! Ich war beim MfS, weil ich dazu beitragen wollte, dass die Freiheit von Ausbeutung, Not und Krieg, die unser Sozialismus garantierte, geschützt wird. Geschützt vor denen, die Kriege führen, die Leute hungern lassen, die Arbeit für den Reichtum anderer als Almosen vergeben, für das man dankbar zu sein hat… All das wollte ich meinem Volk ersparen und einer Truppe angehören, die sich als Schild und Schwert derjenigen Partei versteht, unter deren Führung der Sozialismus gegen die Todfeindschaft des Imperialismus aufgebaut wurde. Dass das nicht geklappt hat, finde ich selber scheisse. Ebenso finde ich scheisse, dass Überheblichkeit, Schikane und Bürokratismus bei uns eingerissen ist und so viele Karrieristen und Ja-Sager in Partei und MfS mitmischten. Trotzdem lagen und liegen wir in der Sache richtig und kein Eroberer, kein BRD-Funktionär, kein Wendehals und kein Apostel der Freiheit westlicher Weltbeherrschung kann sich auf den moralischen Richterstuhl setzen und mit seinen bluttriefenden Fingern auf unsere bescheidenen Versuche zeigen, uns ihn und seinesgleichen vom Halse zu halten.”

DAS würde ich wie gesagt gerne einmal im Kino sehen. Aber dafür gäb’s natürlich keine Filmförderung.