Von Oberkassel in die Neusser Furth

Wenn man aus Düsseldorf, zumal einem noblen Stadtteil wie Oberkassel, nach Neuss fährt, in die „Fuhrt“, die zentrale Straße vom Neusser Hbf nach Westen, kommt man in eine andere Welt. Hier ist nicht der Wohlstand zuhause, sondern die Armut.

Alles wirkt heruntergekommen, auf den Straßen reichlich Mitbürger mit „Migrationshintergrund“, die Ladengeschäfte in der Hand von türkischen, arabischen, afrikanischen und sonstigen geschäftstüchtigen Überlebenskünstlern, eine Menge Leerstand usw.

Als Bewohner einer städtebaulichen und haushaltseinkommensmäßigen Mittel- und Oberschichtsblase ist man diese Anblicke nicht gewohnt. Sie scheinen mir aber eher die wirkliche Lage im Land zu widerspiegeln als das gehobene Bürgertum der Viertel, in denen – neben der richtigen Investment- und Anlagestrategie – das einzige Problem der Stellplatz für den Zweit- oder Dritt-SUV ist.

Mein Geheimnis

Viele fragen mich, woher ich all die tollen Ideen für irgendwelche Bilder her habe und wieso meine Texte so brilliant sind. Ich verrate jetzt mal mein Geheimnis: auf meiner Schulter sitzt ein kleiner kommunistischer Elf, der mir all die Sachen einflüstert. Oft höre ich ihn aber nicht richtig, weil ich meistens Kopfhörer in oder auf den Ohren habe.

Grundsätzliche Erkenntnis am Sonntagabend

Wenn ich‘s recht bedenke, bin ich ziemlich einfach gestrickt und schätze in diesem kurzen Dasein unter all den Phänomenen, mit denen man im Laufe eines Lebens konfrontiert wird, vor allem drei Aspekte ganz besonders.

Und das sind erstens die Frauen und zweitens die Substanzen, die einem das Leben erträglich machen. Und drittens die Kunst, egal ob passiv als Musikhörer oder aktiv als Zeichner.

Oder, wie man früher sagte: Sex* and Drugs and Rock’n’Roll

*Love, too

Die Rheinpatrouille

Wenn mein Hund OSKAR zusammen mit seinem Hundekumpel HARALD morgens in den Rheinauen unterwegs ist, lassen die beiden keine Zweifel darüber aufkommen, wer oberkasselweit die Chefs im Ring sind.

Besonders der Mops-French Bulldog-Mischling Harald stiefelt breitbeinig und eindruckschindend wie ein Polizist auf Streife durchs Revier. Mein zotteliger rumänischer Strassenköterr wirkt daneben wie der etwas saloppe, aber gutaussehende Charmeur, ein bißchen wie Don Johnson (Sonny Crockett) in „Miami Vice“.

Harald dagegen mit seinem kurzen nachtschwarzen Fell ist eindeutig der „Bad Cop“ in dem Duo, und verhält sich – artgerecht – auch eher so. Andere Hunde, die aufdringlich werden, aber auch Krähen, Kinder und andere Störenfriede, werden schon mal kurz und streng zurechtgewiesen, wobei Harald meistens der Anstifter ist und Oskar sich mehr als Friedensstifter und Ausgleichsfaktor zeigt.

Jedenfalls sinnierten Harald-Halterin und ich über das Potential einer Hunde-Copserie „Harald & Oskar – Die Rheinpatrouille“. Die Pilotfolge verlege ich aber erstmal in den Wald:

Alter werden/sein: Nachteile und Vorteile

Nachteile:

  • Körperlicher Verschleiß/Verfall
  • Weniger Sex
  • Räumlicher Radius wird kleiner/begrenzter 
  • Weniger/schlechterer Schlaf
  • Keine Toleranz mit/ keine Geduld für Smalltalk, dumme Leute und Menschen, die einen benutzen wollen
  • Abnehmende Konzentrationsfähigkeit, nachlassendes Kurzzeitgedächtnis
  • In der Regel weniger Geld

Vorteile:

  • Weniger Sex (nicht mehr mit dem Do-or-die Impuls verknüpft)
  • Freiheit von allen Unternehmungen und Bestrebungen, die aufgrund Partnersuche, Fortpflanzung, Nistbau und Brutpflege betrieben werden
  • Individueller „Erfolg“ wird unwichtig 
  • Verständnis für eigene und fremde Schwächen und Fehler
  • Vertiefte Einsicht in gesellschaftspolitische, kollektive Zusammenhänge 
  • Anfälligkeit für ideologische und spirituelle Heilsversprechen verringert sich deutlich und verschwindet schließlich ganz

Fazit:

They had no pity, they never lend a hand
I can’t sing a song that I don’t understand
Goodbye, Jimmy Reed, goodbye, good luck
I can’t play the record ‚cause my needle got stuck“

(Bob Dylan)

bzw.

Youth is wasted on the young“

Hundeleben

Zweimal pro Woche geht mein Hundekumpel mit seinem zweitbesten Freund (nach mir) auf große Abenteuerrunde.

Hunde bei der Interaktion zu beobachten – miteinander und als Duo in der Begegnung mit anderen Hunden – ist eine faszinierende und oft belustigende Erfahrung. Man sieht, dass archetypische Verhaltensmuster wie Kontaktaufnahme, Signalisieren von Nicht-Bedrohung, Abneigung/Abwehrverhalten, Aggrssion, Konfliktlösung durch Ablenkung usw. jeder Spezies zu eigen ist.

Menschen sublimieren und rationalisieren diese Emotionen, und passen sie einer komplexen technischen Gesellschaft an. Bei Hunden ist alles direkt und unmittelbar; allerdings sind sie auch anpassungsfähig und lernen schnell.

Die beiden sind wie Pat und Patachon, wie zwei Jungs auf dem Schulhof, die vor lauter Energie auch schon mal raufen, ehe sie sich wieder wilden Jungs-Sportarten widmen. Andere Hunde, die ihnen begegnen, werden ignoriert oder nach kurzer, neutraler Begrüßung links liegen gelassen, schlimmstenfalls deutlich zurechtgewiesen, wenn sie sich zu aufdringlich in die Zweierbande reindrängen wollen.

Nach jeder dieser Runden sind beide so k.o., dass sie zuhause gerade noch kurz was fressen und dann, meistens bis abends, ins Suppen- bzw. Futterkoma fallen.

#hundeleben #mybestfriend #herrundhund

Geschichten die das Leben schrieb: Halloween und die Brutglucken

Am Abend vor Allerheiligen wird seit zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren auch hierzulande ein Brauch gepflegt, der, aus Irland kommend, auf dem Umweg über die USA in Deutschland Fuß gefasst und allen möglichen Gewerbetreibenden willkommene Zusatzumsätze zwischen der Schützenfest- und der Adventssaison beschert: 

An Halloween verkleiden sich Kinder und Jugendliche möglichst gruselig, die Kleineren ziehen von Tür zu Tür und fordern „Süßes oder Saures“, die Größeren ergreifen die Gelegenheit, abends und nachts umherzuziehen, teenagergemäß „Spaß zu haben“ und potentielle Sexpartner zu beeindrucken, die Erwachsenen passen sich dem vergleichsweise neuen Brauch an, indem sie ausgehöhlte, beleuchtete Kürbisse und allerlei geisterhafte Deko vor ihre Häuser stellen.

Soweit, so lästig, vor allem für Hundehalter, deren Vierbeiner derlei lauten Spuk als Aufforderung sieht, die merkwürdig gewandete, umher rennende und zappelnde Beute zu verbellen und nach Möglichkeit zu zwicken. In Oberkassel, dem Düsseldorfer Oberschichtsstadtteil mit der höchsten SUV-Dichte und den gefühlt schnöseligsten neureichen Besserverdienenden Deutschlands, liegt die Sache anwohnerbedingt nochmal anders, nämlich übler:

Scharen von Helikoptereltern bringen ihren kostümierten Nachwuchs in ihren übermotorisierten Protzkarossen oder mit dem Lasten-E-Bike (also das grüne Kern-Klientel) zu offenbar vorab vereinbarten Treffpunkten, von wo aus die lieben Kleinen dann lautstark und gruppenweise ihre Betteltour starten und die Anwohner nerven. 

Die Frau und ich, zusammen mit dem Zottelkumpel auf der abendlichen Hunderunde, navigieren so gut es geht zwischen den Pulks von Miniatur-Hexen, -Dämonen, -Geistern und -Zombies, indem wir jeweils die Straßenseite wechseln, wenn uns wieder ein Grüppchen entgegenkommt. Auf einer Freifläche zwischen den edlen Apartmentblocks des Oberkasseler Neubaugebietes (Wohnungspreise ab 1 Mio Euro aufwärts) können wir auf einem der breiten Gehwege zwischen den Rasenflächen etwas aufatmen, auch der Hund beruhigt sich wieder.

Doch nun kommt uns mit einem spukmäßig beleuchteten Lasten-E-Bike eine der reproduktionsfreudigen Jungmütter entgegen, die sich schon deshalb für progressiv, nachhaltig und anti-faschistisch halten, weil sie die Kinder mit dem Fahrrad statt mit dem Porsche-SUV zum Kinderhort an der Ecke bringen und einen „FCK AFD“ Aufkleber auf ihrem Gefährt haben. Mein Hund nimmt die Erscheinung als Bedrohung wahr und wirft sich in die Leine, um die beleuchtete Zumutung ordentlich anzukläffen.

Das erschreckt die Radfahrerin so, dass sie kurz schwankt – wir sind etwa drei gefahrlose Meter von ihr entfernt – und uns wütend ankeift: „Geht‘s noch?! Passt mal auf euren Hund auf!!“. Schon ist sie, elektrisch verstärkt, weitergefahren und um die nächste Ecke verschwunden. 

Während ich noch bedaure, ihr kein geistesgegenwärtiges „Halloween, Alte!“ zugerufen zu haben, lässt sich die Frau vernehmen: „Nimm mal den Hund kürzer. Diese Weiber sind nicht zurechnungsfähig. Statt dass die einfach weiterfahren, müssen diese Brutglucken losschimpfen…“

Meine Freude über den schönen Begriff „Brutglucken“ für das grün-liberale urbane Deppenpack vertreibt sofort jedes Bedauern über verpasste Gelegenheiten zu einem fiesen verbalen Gegenschlag und wir beenden die Runde in der Gewißheit, ganz bestimmt keiner dieser Nervensägen die Tür zu öffnen, falls die bei uns klingeln sollten.