Terroristen sind immer die anderen

Darf man solche Fakten noch posten im pro-israelischen Furor der offiziellen Meinungswächter? Oder ist man jetzt schon Antisemit, wenn man auf die offenkundigen Ungereimtheiten der israelischen und kollektiv-westlichen Propaganda hinweist, deren Ziel ist, den Feind – die Kombattanten der Hamas – als blutrünstige Terroristen zu entmenschlichenl?

Ich frage natürlich für einen Freund.

„Man muss die Handlungen der Hamas nicht gutheißen. Aber Gründe haben sie.“

„Wie können diese Hamas-Terroristen bloß!“, „Entsetzlich!!“, „Die ARMEN Israelis!!!“, „Jetzt aber ERBARMUNGSLOSE RACHE, äh, sorry SELBSTVERTEIDIGUNG ISRAELS!!!!“ – das sind die mentalen Schritte des medial zugerichteten Bürgerverstandes, wenn es um den Gegenschlag der islamistischen Hamas-Truppe gegen die israelische Besatzungsmacht geht. Eine Besatzumgsmacht, die seit Jahrzehnten Palästinenser entrechtet, zu Menschen zweiter Klasse macht und sie in jeder Hinsicht wie Vieh behandelt. Immerhin wurde der israelische Verteidigungsminister Gallant kürzlich deutlich und sprach von „menschlichen Tieren“, die sein Staat auszurotten gedenke.

Dass auch fundamentalistische Widerstandsgruppen wie die Hamas nur auf dem Mist wachsen, den die Palästinenser seit Jahrzehnten erfahren müssen, darf in der philosemitisch gleichgeschalteten Medienlandschaft der BRD nicht erwähnt werden. Ein Sturm der empörten Entrüstung überzieht jeden, der es wagt, selbständig nachzudenken und NICHT in die vorgegeben Sprachregelungen einzustimmen, die – ganz wie beim Ukrainekonflikt – von Ursachen und Gründen nichts wissen wollen und stattdessen ihr selbstgerecht-moralisches „virtue signaling“ wie die Monstranz bürgerlicher Rechtgläubigkeit vor sich her tragen.

Melina Deymann macht da eine Ausnahme . In der „uz“ benennt sie in paar der guten Gründe, die es für den Widerstand gegen die Apartheids- und Landraubpolitik Israels in den palästinensischen Gebieten gibt:

„Bei der UN-Generalversammlung im September zeigte der israelische Regierungschef schamlos eine Karte, die Israel zeigen sollte – vom Fluss bis zum Meer ohne palästinensische Gebiete, ohne Westbank und ohne Gaza. Unverhohlen zeigte Netanjahu das Ziel der unter seiner extrem rechten Regierung noch einmal intensivierten Siedlungspolitik. Zur Erinnerung: 1993, zur Zeit des Abschlusses der Osloer Verträge, gab es auf der Westbank 75.000 Siedler. Heute sind es 800.000. Den Friedensprozess hat keine israelische Regierung nach der von Jitzchak Rabin auch nur ansatzweise ernst genommen. Das sieht man auch am Freiluftgefängnis Gaza.

Und dann sind da noch die massiven Angriffe auf dem Tempelberg (übrigens auch auf Christen). Frauen werden auf dem Weg in die Al-Aksa-Moschee auf offener Straße verprügelt, die Polizei schaut meistens weg, die Moschee wird regelmäßig gestürmt, Gebete gestört. Auch aus Jerusalem sollen die Palästinenser endgültig vertrieben werden.

Man muss die Handlungen der Hamas nicht gutheißen. Aber Gründe haben sie.“

Die Moral gerechter Empörung: ich hab recht und du bist Feind

Es ist absolut grausig und gleichzeitig selbstentlarvend, was man mit anhören muss, wenn man zufällig mal das endlose Dauergeplärre aus Mainstream-Medien mitkriegt.

So wie bei der speziellen Militäroperation Russlands in der Ukraine die Gehirne der Leute weichgeklopft werden mit der offiziellen Sprachregelung vom „durch nichts gerechtfertigten völkerrechtswidrigen brutalen Angriffskrieg“ – eine Redewendung, die an sich schon ein Trademark Zeichen verdient hätte – wird einem beim aktuellen Nahostkrieg zur Einordnung und zur Abrichtung des demokratischen Untertanengemütes mit jeder Meldung zwingend das Wort vom „Hamas-Terror“ reingedrückt.

Die israelische Armee kann den Gazastreifen ethnisch säubern, in eine Ruinenlandschaft verwandeln, zivile Ziele beschießen, Kriegsverbrechen ohne Ende begehen, ganze Hospitäler mit hunderten oder tausenden von Zufluchtsuchenden bombardieren: das alles relativiert und rechtfertigt sich durch den Hinweis auf „Hamas-Terror ™ “.

Zeitgenossen – Nachrichtensprecher, Bürger, Facebook-Freizeitpolitiker – die den vor den Augen der Weltöffentlichkeit passierenden Kriegsverbrechen in Gaza die gute Seite abgewinnen, dass Israel hier sein Recht auf Selbstverteidigung gegen böse Terroristen ausübt (ganz so, als ob es die fünfzig Jahre Besatzung Palästinas und den alltäglichen Terror der Besatzungsmacht gegen die palästinensische Bevölkerung nicht gäbe), geben einen Grad von Abgestumpftheit zu Protokoll, auf den sie auch noch stolz sind.

Sie adeln ihren praktischen Zynismus mit der moralischen Gewissheit, für die richtige Seite zu sein. Die Wucht ihrer moralischen Empörung („Die haben Israel BOMBARDIERT und GEWALT und TERROR gegen seine Bürger ausgeübt!!!“) muss in ihren Augen alle zum Schweigen bringen, die es wagen, die Gründe für die palästinensische Wut und Verzweiflung zu erwähnen.
Sie unterscheiden sich nicht von islamistischen Kämpfern, die ebenfalls nur für die gute und gerechte Sache kämpfen und sterben, und dabei auch noch ihren allerhöchsten Allah auf ihrer Seite wissen.

Es zeigt sich, deutlicher noch als beim Ukraine-Konflikt, dass MORAL die sicherste Methode ist, das Verständnis der gegensätzlichen Interessen zu verhindern, um deren jeweilige Durchsetzung in solchen Konflikten gewaltmäßig und leichenträchtig GEKÄMPFT und nach Maßgabe der überlegenen Gewaltmittel ENTSCHIEDEN wird.

Umgekehrt ist auch was wert: Ein Gedankenexperiment

Ukrainische Freischärler starten überraschend eine erstaunlich professionell durchgeführte und erfolgreiche Offensive gegen die russische Besatzungsmacht. Sie überrennen russische Militärposten, töten viele Soldaten und nehmen etliche hohe Offiziere gefangen. Auch reichlich Zivilisten werden getötet und als Geiseln genommen.

Berichte von schrecklichen Massakern und krankesten Metzeleien werden in den Medien kolportiert: enthauptete Babies, vergewaltige Frauen, Paradieren von geschändetes Leichen auf offenen Pickups usw. Diese entpuppen sich zwar schnell als berechnende Propagandamärchen, sind aber in der Welt und werden auch gerne weitererzählt.

Die russische Führung verkündet nach dem ersten Schock erbarmungslose Rache. Während die Debatte beginnt, wer an diesem militärischen und geheimdienstlichen Debakel Russlands schuld ist, sagt Verteidigungsminister Shoigu, dass die Ukrainer menschliche Tiere seien und entsprechend behandelt würden.

Präsident Putin erklärt: „Wir werden alle Orte, an denen die ukrainischen Terroristen organisiert sind und sich verstecken, in Trümmerinseln verwandeln“. Er fordert die Bewohner von Kiew auf, die Stadt zu verlassen; kurz danach beginnt die russische Luftwaffe, die Hauptstadt Stück für Stück in eine Ruinenlandschaft zu verwandeln.

Shoigu meldet sich wieder zu Wort und erteilt seiner Armee einen generellen Freibrief: Kriegsrecht und Kriegsgerichte seien aufgehoben, die russische Armee dürfe nach Belieben mit den ukrainischen „menschlichen Tieren“ verfahren.

EU und Deutschland zeigen sich entsetzt und empört über den ukrainischen Terrorangriff auf die überlegenen Besatzungstreitkräfte und betonen, dass Russland jedes Recht zu seinem Gegenschlag habe.

Brandenburger Tor, Eiffelturm und andere Gebäude werden in den Farben der russischen Trikolore angestrahlt und die Bürger fügen ihren Social Media Profilbildern massenhaft die russische Flagge hinzu.

Im Bundestag findet eine Schweigeminute für die Opfer der ukrainischen Terroroffensive statt und die Parlamentspräsidentin spricht von einem „durch nichts zu rechtfertigen Verbrechen“ der ukrainischen Terroristen; sie versichert Russland der unverbrüchlichen Solidarität Deutschlands. Die Außenministerin erklärt, dass die Sicherheit Russlands in Deutschland Staatsräson sei.

Unterdessen geht unter Jubel und anerkennenden Kommentaren von Politikern und Medien die ethnische Säuberung Kiews von der ukrainischen Bevölkerung weiter, nachdem die russische Armee zur Unterstützung ihrer Luftschläge der Stadt und dem Rest des Territoriums Wasser- und Stromzufuhr abgestellt hat.

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Anmerkung: Seit 2015 gibt es regelmäßige und andauernde ukrainische Angriffe auf die Zivilbevölkerung des Donbas. Dabei werden u.a. verbotene „Butterfly“-Antipersonenminen eingesetzt, die zu tausenden im Stadtgebiet von Donezk liegen und den Opfern – häufig Kinder – schwerste Verletzungen zufügen.
Zivile Objekte wie Schulen, Krankenhäuser, Versorgungseinrichtungen, Verwaltungsgebäude werden gezielt angegriffen. Das Personal der politischen Verwaltung des Donbas wird immer wieder durch Terroranschläge angegriffen, oft erfolgreich (wie 2018 die Ermordung des populären DNR-Chefs Alexander Sachartschenko )