Neue politische Realitäten in der Welt

Eine interessante Zeit, in der das Alte nicht mehr herrschen kann und das Neue schon geboren ist, sich aber noch nicht etabliert hat und gegen den erbitterten Widerstand und die tödliche Feindschaft des Alten zu kämpfen hat. Obwohl die Entwicklung unumkehrbar ist, ist der Ausgang ungewiß, da zwei Optionen möglich sind: eine multipolare Welt, in der der alte Westen seinen Platz finden muss – oder nukleare Vernichtung.

Glenn Diesen über Zeiten des Umbruchs, „wie sie nur alle hundert Jahre passieren“ (Xi Jinping):

Die multipolare Welt ist bereits Realität, auch wenn der Unwille, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, Konflikte in der ganzen Welt schürt.

Ein zentrales Problem des Westens ist der Mangel an politischer Vorstellungskraft, um die neuen politischen Realitäten in der Welt zu bewältigen. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten wird der Westen nicht mehr in der Lage sein, die Welt zu führen. Dies ist eine verheerende Herausforderung für westliche Führer, die nach dem Kalten Krieg glaubten, dies sei das „Ende der Geschichte“, in der sich die Welt unter der liberalen Demokratie und der Führung des kollektiven Westens auf ewig vereinen würde.

Es sollte uns beunruhigen, dass keiner unserer führenden Politiker sich die Rolle des Westens in einer multipolaren Welt vorstellen kann oder will, in der nicht-westliche Machtzentren ein gleichberechtigtes Mitspracherecht haben sollten.

(…)

Was wird der Westen tun? Sich den neuen Realitäten anpassen und die Möglichkeiten der neuen internationalen Machtverteilung erkunden oder sich weiter in die Bunkermentalität zurückziehen und daran glauben, dass die glorreiche Vergangenheit in einem großen finalen Showdown wiederhergestellt werden kann?“

Quelle: https://open.substack.com/pub/glenndiesen/p/the-end-of-hegemony-and-emergence

TENET auf politisch: Zwei Zeitströmungen in unterschiedliche Richtung

Es gibt eine erstaunliche historische Parallelität in der politisch-kulturellen Sphäre; eine Gleichzeitigkeit im Zeitgeist (um nicht zu sagen im Weltgeist), die sich in jeweils entgegengesetzte Richtung entfaltet. Wir, die wir in Deutschland der Partei zuzurechnen sind, die bis jetzt keine Partei ist, die aber die Zeichen der Zeit begreifen; wir, die wir Zeugen des Niedergang des kollektiven Westens, der US-dominierten Weltordnung sind – wir SIND bereits Teil der multipolaren Welt, die mit jeden Tag konkreter und unwiderruflicher wird.

Wir sind es inmitten der früheren „Ersten Welt“, die (historisch betrachtet) in rasender Geschwindigkeit ihren privilegierten, dominanten Status verliert. Der Kern der gegenwärtigen tektonischen Verschiebungen im Gefüge der Staatenwelt ist, dass die „Goldene Milliarde“ und ihre staatlichen Manifestationen sich mit dem Verlust ihrer exzeptionellen Rolle, ihrer Herrschaft und Aufsicht über den Globus, nicht abfinden können und wollen.

Das, was uns mitunter als Schwäche und Ohnmacht, sogar Hoffnungslosigkeit, erscheint, ist in Wirklichkeit das Bewusstsein, Teil des historischen Entwicklungsprozesses zu sein, gegen den sich die imperialistischen Machthaber der Länder, deren Bürger wir zu sein das Pech haben, vergeblich anstemmen.

Lesetipp: The Indian Punchline

Ein Blog, das von M.K. Bhadrakumar, einem indischen Ex-Berufsdiplomaten, betrieben wird und äußerst lesens- und bedenkenswerte Beiträge zu geopolitischen Fragen und solchen der Multipolarität bietet.

Im aktuellen Posting über den Besuch des chinesischen Präsidenten in Moskau schreibt Bhadrakumar folgendes:

„Russische Medien berichteten, dass Präsident Wladimir Putin eine außergewöhnliche Geste machte, als Präsident Xi Jinping den Kreml nach dem Staatsdinner letzte Woche am Dienstagabend verließ, indem er ihn zur Limousine begleitete und verabschiedete.

Beim Handschlag zum Abschied soll Xi geantwortet haben: „Gemeinsam sollten wir diese Veränderungen vorantreiben, die es seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Take care.“

Xi spielte damit auf die vergangenen 100 Jahre der modernen Geschichte an, in denen sich die Vereinigten Staaten von einem Land nördlich von Mexiko in der westlichen Hemisphäre zu einer Supermacht und einem globalen Hegemon entwickelt haben.

Mit seinem ausgeprägten Sinn für Geschichte und seinem dialektischen Denken erinnerte Xi an die intensiven Gespräche mit Putin, in denen es um die gegenwärtigen Realitäten ging, die das unipolare Moment der USA auf den Müllhaufen werfen, und um die Notwendigkeit, dass China und Russland sich zusammentun, um den Übergang der Weltordnung zu Demokratisierung und Multipolarität zu konsolidieren.“

https://www.indianpunchline.com