In einem auf Facebook veröffentlichtem Beitrag von Klaus Linder (Vorsitzender der Berliner Freidenker) stolpere ich mitten im Text über den fast beiläufigen (Halb-) Satz „bei der Vorbereitung der Aufrichtung der faschistischen Diktatur“.
Mir wird mit erschreckender Deutlichkeit klar, dass es stimmt, dass wir wirklich (schon) wieder soweit sind. Der Faschismus ist auf dem Weg, als Mittel der Wahl zur Verwaltung und Formierung des Kapitalstandortes eingesetzt zu werden. Kriegs- und Krisenzeiten fordern aus Sicht der herrschenden Klasse straffere Zügel, und die zeitgemäße Vorhut dieser Strategie ist die Partei Die Grünen/Bündnis 90 (die es übrigens geschafft hat, wesentliche Elemente ihrer Ideologie in die meisten anderen Parteien und Konkurrenten um die Regierungsposten einzuschleusen).
Die „Vorbereitung der Aufrichtung der faschistischen Diktatur“ – Klaus spricht aus, was man noch nicht mal denken möchte, aber denken (und verstehen) MUSS, um noch eine Chance zu haben, dagegen anzugehen. Oder, wenn wir keine Chance haben sollten, es wenigstens genau zu verstehen.
Die Bourgeoisie bereitet derzeit durch ihre politischen Handlanger in den staatlichen und medialen Schaltstellen die faschistische Diktatur vor. Wie dies im Einzelnen und in der jeweiligen Etappe verschärften Klassenkampfes und weiterer Brutalisierung des sozialen, legalen und ideologischen Lebens der Gesellschaft (vor allem aber des Kriegskurses und der rassistischen Hetze gegen alles Russische) vonstatten geht, muß von den Antifaschisten und ganz besonders von den Kommunisten genau analysiert und verstanden werden.
Dabei darf der Kern der Sache nie aus den Augen gelassen werden: es ist die Klassenherrschaft der Bourgeoisie, die hier ihre demokratischen Samthandschuhe abstreift und zum faschistischen Knüppel greift.
In erster Linie muss die Bourgeoisie UMDISPONIEREN können bei der WECHSELSEITIGEN Ausnutzung der Stützen ihrer Politik der beschleunigten Faschisierung, der offensten chauvinistischen Kriegstreiberei gegen Russland und China, des BRUTALSTEN Klassenangriffs gegen die Werktätigen mit Übergängen zum Terror.
Schon aufgrund der Priorität für die mit schwacher Basis agierende transatlantische Borgeoisie, jederzeit UMDISPONIEREN und VERSCHIEDENE Stützen ausnutzen zu können, und zwar WECHSELSEITIG und niemals exklusiv (da für Exklusivität keine Massenbasis gebildet werden kann) – schon aufgrund dessen ist es vollkommen falsch, die AfD als „DIE faschistische Partei, Sammlungszentrale, Reserve“ oder als den großen Plan B der faschistischen Option aufzufassen.
Weitere Gründe, warum das falsch ist: die AfD agiert keineswegs „noch mehr faschistisch“ als die anderen parlamentarischen und außerparlamentarischen Stützen der reaktionären Klassenfront.Und: Unabhängig von ihrer jeweils dominierenden Hauptorientierung und temporären Einfügung in die imperialistische Gesamtlinie des Tages sind inzwischen sämtliche Bundestagsparteien mit Treibern und Trägern der Faschisierung und des Faschismus durchsetzt, die zu ihrer Stunde hervortreten. Noch nie war der Lackmustest dafür so einfach wie heute. Terminologische Feinheiten sollten dabei kein Aufreger sein. Ob man Ramelow dabei als Sozialfaschisten und Strack-Zimmermann als Asozial-Faschistin bezeichnet, ist relativ schnuppe. In der Sache trifft beides das Richtige.
Selbstverständlich ist und bleibt aber auch die AfD eine Stütze des NATO-Imperialismus und es gibt keinen Weg, sie zum Bollwerk eines Antiimperialismus und Antifaschismus umzudeuten. Selbst ihr „Souveränismus“ erweist sich angesichts der EU schon als Pappkamerad, der es letztlich mit den jeweils stärkeren Bataillonen hält.
Nur vor diesem Hintergrund der organisatorischen Schwäche der transatlantischen Borgeoisie, welche sie zur Flexibilität des Umdisponierens und der wechselseitigen Ausnutzung ihrer Stützen bei der Vorbereitung der Aufrichtung der faschistischen Diktatur nötigt, ist die (zutreffende) Einschätzung der Rolle der GRÜNEN als Speerspitze des Faschismus richtig anzuwenden für die antifaschistische Strategie. Wer daraus die „Forderung“ macht, Scholz und Lindner sollten bitte „Baerbock entlassen“ und dann „Putin zum Verhandeln“ bringen, hat alles verdorben, unterminiert die Bildung einer antifaschistischen Front und wurde seinerseits zum Schmiermittel des NATO-Imperialismus. Ein „natürlicher bedingungsloser Bündnispartner für Friedenspolitik“ ist er damit auf keinen Fall.
In diesem Sinne ist Thälmanns Hinweis aus dem Jahre 1932 unbedingt auf heute zu „übertragen“:
„Wenn gegenwärtig die deutsche Bourgeoisie bei der wechselseitigen Ausnutzung ihrer verschiedenen Stützen umdisponiert, so bedeutet das – wie wir sahen – keineswegs, daß einfach die Nationalsozialisten an die Stelle der Sozialdemokraten treten.“
Erst wenn dieser Gedanke zur Bestimmung der Rolle der Parteien auch für die gegenwärtige Faschisierung verstanden ist, erschließt sich die umfassende Dialektik, in der der andere, ebendort gegebene Hinweis Thälmanns gleichzeitig seinen Platz hat und voll gültig ist:
„Nicht die jeweilige Position dieser oder jener Partei im Rahmen der bürgerlichen Klassenfront kann für uns der Ausgangspunkt unserer Betrachtung sein, sondern die Politik der Bourgeoisie als Klasse gegenüber dem Proletariat und den übrigen werktätigen Schichten.“
Mit letzterem ist KEINESWEGS gesagt „Die Parteien und ihr Personal sind sowieso alle austauschbar“. Das war auch ein Grund, warum Pieck auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale die Anwendung der Losung „Klasse gegen Klasse“ einer Kritik unterzog.
(Klaus Linder auf Facebook)