
Schlagwort: Trump
Ein Narr und ein Weiser verhandeln (vielleicht) demnächst

Eine Woche seit Trumps Amtsübernahme, und entgegen allen vollmundigen Ankündigungen – dass der Krieg enden müsse; dass der Krieg gar nicht erst begonnen hätte, wenn er im Amt gewesen wäre; dass er den Krieg in 24 Stunden beenden würde – ist seitens der US-Administration NICHTS passiert.
Aus russischen Regierungskreisen verlautet, dass von den Amerikanern bislang keinerlei Kontaktaufnahme erfolgt ist.
Möglicherweise denkt Trump tatsächlich so, wie er sich in seinem kürzlichen „Truth Social“ Posting äußerte: Russland wäre ganz scharf auf Verhandlungen, die russische Wirtschaft wäre gescheitert, er würde „Putin einen großen Gefallen tun“ mit Verhandlungen usw. Der amerikanische Machthaber ging sogar soweit, Russland mit weiteren Sanktionen zu drohen, wenn es nicht spuren sollte.
Die Russen dagegen scheinen sich das Ganze anzuschauen, wahrscheinlich kopfschüttelnd bis belustigt über das Ausmaß an Kenntnislosigkeit ihrer amerikanischen Gegner und in der Zwischenzeit weiter die Kiewer Regimetruppen zu entmilitarisieren und zu denazifizieren.
In der Regel sucht bei Verhandlungen zwischen Kriegsgegnern der schwächere Part die Kontaktaufnahme, da er es nötiger hat, durch Verhandlungen zu einem halbwegs erträglichen Ausgang des Konfliktes zu gelangen. Sollte Trump denken, dass Russland in diesem Fall der schwächere Part sei, kann er sich auf einen gewaltigen Reinfall gefasst machen. Russland gewinnt diesen Krieg und hat es keineswegs eilig, sich mit den Amerikanern zu treffen; schon gleich nicht, solange diese keine Anzeichen machen, sich um Russlands Basisbedingungen einzulassen: Neue Sicherheitsabkommen für Europa insgesamt, Anerkennung der neuen russischen Territorien und vollständige Beseitigung des ukrainischen Neo-Nazismus.
Es ist denkbar, dass Trump diese psychologischen Spielchen des Hinhaltens, des Abwartens, des „Mal sehen wann die Russen sich melden, die brauchen’s ja nötiger!“ spielt, weil er wirklich daran glaubt (offensichtlich wird er von den US-Diensten mit falschen Informationen über Truppenstärken, Kriegsverlauf, Verluste beider Seiten usw. gefüttert) UND weil er sich sowieso für den begnadesten Dealmaker und Verhandler der Welt hält.
Ich schlage noch einen weiteren Grund vor, weshalb Trump sich ziert, mit dem russischen Präsidenten zu telefonieren und ein Treffen zu vereinbaren: er hat Angst. Angst vor einem echten und überaus erfahrenen Staatsmann, der sich nichts vormachen lässt. Vor einem Gegenüber, das ihn durchschaut, das klar kommuniziert und sich trotzdem nicht in die Karten blicken lässt. Vor allem aber ein Gegenüber, das sich nicht manipulieren lässt.
Selbstwichtige Aufschneider, von sich selbst berauschte Narzissten wie Trump, tun sich schwer im Umgang mit Gesprächs- und Verhandlungspartnern, die sie nicht manipulieren können. Ich finde es denkbar, dass der neue Machthaber in Washington einfach noch nicht sicher ist, wie er Putin gegenübertreten soll, welche Hebel er in Bezug auf die konkurrierende Weltmacht Russland in Bewegung setzen kann – mit anderen Worten: Trump hat, jenseits von seiner üblichen Großmäuligkeit, keinerlei Plan. Davon aber ganz viel.
Trump inauguration speech 20.01.2025

Trumps Amtsantrittsrede sollte man sich anhören. Dergleichen hört man eher selten von Politikern, jedenfalls selten in der messianischen Tonlage, die sowohl zur persona Donald J. Trump als auch, wie Arsch auf Eimer, zum amerikanischen collective mind passt.
Positiv zu vermerken ist vor allem die Ansage, dass die amerikanische Militärmacht sich künftig daran messen lassen soll, welche Kriege sie beendet und welche sie gar nicht erst anfängt.
Trump bemüht den „gesunden Menschenverstand“ als Maßstab seiner Politik – „its all about common sense“ – und macht gleich einen wuchtigen Rundumschlag in dieser Richtung:
Ab sofort gibt es offiziell wieder nur zwei Geschlechter in Amerika und die Durchdringung des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens mit der woken Agenda wird beendet.
Die offene Südgrenze wird geschlossen und „Millionen von kriminellen Ausländern“ sollen abgeschoben werden. Wie die „Kriminellen“ von den anderen unterschieden werden sollen, wird eine Frage sein, die wohl noch die Gerichte beschäftigen wird – jedenfalls eine einigermaßen gruselige Auskunft darüber, dass die neue Administration umstandslos und vermutlich mit drastischen Methoden Massenabschiebungen durchführen will.
Obendrein sollen die lateinamerikanischen Kartelle als ausländische terroristische Organisationen kategorisiert werden. Das mag sich für Law & Order Fans befriedigend anhören, öffnet allerdings eine scheunenentorgroße Hintertür für amerikanische Across-the-border Angriffe in den südlichen Nachbarländern der USA.
Grenzsicherheit, Massenabschiebungen, Strafzölle für ökonomische Konkurrenten, Beendigung des „Green New Deal“, Erweiterung des US-Territoriums, Landung auf dem Mars – Trump skizziert eine überaus ehrgeizige und anspruchsvolle Agenda, ganz und gar zu seinem Vorhben passend, Amerikas (vermeintliche) alte Größe wiederherzustellen.
Unterm Strich beschwört er ein glorreiches, überlegenes, wiedererstarkten Amerika, die „Shining City on the Hill“ aus der amerikanischen Mythologie, das es mit jedem anderen Land nicht nur aufnehmen, sondern das aufgrund der göttlichen Überlegenheitsgarantie für die exzeptionelle amerikanische Nation jedes andere Land in den Schatten stellt, auskonkurrieren und (der Kalauer sei gestattet) übertrumpen kann.
Auf jeden Fall wurde vermittels dieser Rede das ambitionierteste, radikalste und (wenn man es gut meint) visionärste Regierungsprogramm der amerikanischen Geschichte verkündet. Was Trump davon umsetzen wird (kann), wird sich zeigen.
In der Essenz ein Programm, das den militärischen Aspekt des US-Imperialismus stark auf die unmittelbare geografische Umgebung der USA beschränken will und das dem Rest des Globus weiterhin bzw. erneut und erneuert mit der unschlagbaren amerikanischen Gewalt ökonomischer Erpressung und sendungsbewußter Hybris seinen Platz zuzuweisen gedenkt.
Übrigens erwähnte er mit keinem Wort das Ukraine-Projekt.
Ach wie gut daß niemand weiß…
Sehe gerade auf X die Pressekonferenz des gewählten Präsidenten Trump, in der er angekündigt, Grönland als 51. Staat den USA einzugemeinden und für den Fall dänischen Widerstandes ultra-brutale Strafzölle gegen Dänemark angekündigt.
Freue mich jetzt schon auf die entschiedenen Reaktionen der EU, auf Sanktionen, die (so Baerbock demnächst:) „die USA in die Knie zwingen werden“, auf den regelrechten Wirtschaftskrieg gegen die USA, auf umfangreiche Waffenlieferungen der EU an Dänemark und auf vollmundige Erklärungen unserer Freiheitshelden von Habeck bis Strack-Zimmermann, dass sie „Dänemark unterstützen, so lange es nötig ist“, weil „Trump nicht gewinnen darf“.
Selbstverständlich erwartet der Bürger nun auch ein weiteres „Sondervermögen“ fürs Militär, um in dieser erneute „Zeitenwende“ unsere „gemeinsamen europäischen Werte“ und „unsere Sicherheit“ zu verteidigen.
Ach, wie wird das schön…
