Eine falsche Frage

Falsche Frage.
Jedenfalls keine Entweder-Oder-Frage. Sie offenbart aber das ideologische Dilemma von Nationalisten.

Das In-Eins-Setzen von Volk, Staat und Nation (das bürgerliche Machthaber übrigens mit ihren völkischen Kritikern teilen) entspricht der Art und Weise, mit der sie den nationalem Erfolg definieren: zuhause einen schlagkräftigen, modernen Kapitalismus einrichten, der dank seiner Effizienz in der Lage ist, weltweit Geschäfte zu machen, deren Gewinne in den nationalen Kapitalstandort zurückfließen und die Mittel für einen machtvollen Nationalstaat bereitstellen.

Der imperialistische Zugriff auf andere Länder und deren Ressourcen übersetzt sich für eine ambitionierte kapitalistische Standortverwaltung wie die Berliner Regierung so:

„Beim Weltaufteilen und -ordnen können wir nur effektiv mitreden und mitmischen, wenn wir unsere einheimische Bevölkerung optimal bewirtschaften, um die nötigen Mittel für unsere Einmischungen anderswo zu erzielen!“

Die Verarmung der eigenen Bevölkerung für den Krieg gegen Russland, der von deutsch-europäischen geopolitischen Strategen als existenziell definiert wird, IST insofern der „Dienst am eigenen Volk“, den patriotische Jammerlappen beständig vermissen.

Demokratische Machthaber halten ihnen souverän entgegen, das die nationale Größe ja gerade davon abhängt, dass der deutsche Imperialismus sich an Wucht, Durchschlagskraft und militärischer Stärke mit den Supermächten der Welt messen lassen will und muss.

Nur Deutschlands umfassende Bewaffnung und nötigenfalls rücksichtslose Bereitschaft zu deren Einsatz garantiert der deutschen Nation und ihrem Staat den Erfolg, den sich Regierende und Untertanen gemeinsam wünschen – und DIESEM feuchten nationalistischen Traum haben die Kritiker von AfD, BSW und anderen „Unser Volk zuerst!“-Ideologen nichts entgegenzusetzen, weil sie ihn TEILEN.

Kapitalismus kapieren will keiner: Antwort auf eine „Twitterperle“

Unkontrollierte Zuwanderung sorgt an einem neoliberalen Kapitalstandort neben den (unerwünschten) kulturellen und assimilierungsmäßigen Problemen vor allem für (durchaus erwünschte) ZUSÄTZLICHE Konkurrenz unter der Lohnarbeiterschaft, und zwar um die weniger werdenden Jobs und den knapper und teurer werdenden Wohnraum.

Muss sich also keiner wundern, wenn schlichtere Gemüter erstmal auf den verkürzten Schluß verfallen, dass irgendwie der Zugewanderte „schuld“ wäre.

Dass all diese schönen Begleiterscheinungen einer profitablen imperialistischen Kapitalvermehrung nicht von den armen Schweinen verursacht werden, die aufgrund der globalen Geschäftstätigkeit deutschen Kapitals ihr Glück gleich im Zentrum dieser Geschäftstätigkeit suchen – diese Zusammenhänge zu verstehen VERWEHRT ihnen ja gerade die Ideologie des „Jeder ist seines Glückes Schmied“ und „Kapitalismus ist die einzig senkrechte Wirtschaftsordnung“.

Die Ideologen der bürgerlichen Ordnung WOLLEN ja gerade nicht, dass die Untertanenschaft aus ihren alltäglichen Erfahrungen des Überlebenmüssens den Schluss zieht, dann eben diejenigen zu entmachten, die ihnen diese ungemütlichen Zustände aufzwingen.

Viel lieber ist ihnen, die Unterschichten zerfleischen sich untereinander und gönnen sich gegenseitig nicht die Butter aufs Brot. Darum ist es so unglaublich verlogen und geheuchelt, wenn die demokratischen Machthaber und ihre konditionierten Anhänger auf „Gegen RÄCHTS!!“ machen: sie selber sorgen für die Verhältnisse, die den rassistischen Unmut bei den Verarschten und Beleidigten bewirken, die immer nur den Schaden vom „Wirtschaftswachstum“ haben.

Ihr Fingerzeigen auf die bösen dummen „Rechten“ (das sind für sie alle, die die Auswirkungen der Migrationspolitik kritisieren) ist dieselbe INDIVIDUELLE Schuldzuweisung, die sie umgekehrt den Migrationskritikern beim „Hetzen gegen Zuwanderung“ vorwerfen.

Die SYSTEMISCHEN Ursachen des imperialistischen Gleichklangs von Geschäft und Gewalt, Zerstörung und Verarmung ganzer Weltgegenden inbegriffen, soll und darf nicht thematisiert werden – also bleibt nur die perfide, aber falsche Argumentation, dass hier irgendeine individuelle schlechte Eigenschaft der Grund der Probleme sei:

Rechte Asylantenhasser wittern beim Muslim oder beim andershäutigen Zuwanderer irgendeinen genetisch oder religiös bedingten Makel, der eine Integration in die deutsche Untertanenschaft problematisch macht;

„Linke“ Willkommensklatscher sehen umgekehrt beim Migrationskritiker eine individuelle Borniertheit, die ihn aus der Gemeinschaft der wohlmeinenden liberalen Bürger ausgrenzt.

Kapitalismus kapieren will keiner von ihnen, noch nicht mal die Migranten.

Ideologie.

Feindwort bei Leuten, die sich für ideologiefrei halten. Keine Ideologie zu haben, unideologisch an die Sachen heranzugehen, ist ihre Ideologie. Ideologen sind nur die anderen – und die sind durch diesen Zustand bereits so abqualifiziert, dass man sich jede Erörterung der Inhalte ihrer Ideologie im Grunde ersparen kann.

Dass das Wort bloß „Ideenlehre“ bedeutet und einfach die Ausstattung mit Anschauungen, Werten usw. bezeichnet, die sich ein Verstand im Laufe seines Daseins unter dem Einfluß seiner Umwelt und seiner Erfahrungen so zurechtlegt, ist unseren ideologiefreien Ideologen zu einfach – für sie ist „Ideologe!“ ein Kampfbegriff, der den begrenzten geistigen Horizont des so Benannten kennzeichnen soll.

Die Ideologie, derzufolge Kapitalismus die natürliche Ordnung des Menschen und seiner Wolfsnatur sein soll und als solche auch noch gleich den alternativlosen Endzustand der menschlichen Geschichte darstellt, weist empört die Unterstellung zurück, Ideologie zu sein: gerade sie nimmt sich ja die Freiheit, die Welt unideologisch anzuschauen, ohne die Scheuklappen einer bestimmten Ideologie – und kommt so frei und vorurteilslos zu dem Schluss, dass nur die kapitalistische Ordnung der Welt dem freien, nicht von einer Ideologie eingezwängten Bürger gemäß ist.

So hat sich das bürgerliche Gemüt ganz ideologiefrei zu der Erkenntnis vorgearbeitet, dass es in dieser wunderbaren Welt der (Ideologie-)Freiheit bestens aufgehoben ist und singt, frei wie ein Vögelchen, das Lied der Freiheit noch, während die Käfigbesitzer schon im Kochbuch blättern.