„Wir haben einen russischen Präsidenten, der uns bedroht”

Zwei junge, hippe und extrem muntere Moderatoren veranstalten in einem “Tagesschau”-Podcast ein ‘Gedankenexperiment”. Viel experimentiert wird dabei allerdings nicht, und mit Denken schon gar nicht. Stattdessen betrachten die beiden Vertreter der Generation Z die nationalen Vorbereitungen auf den Krieg.

Der wird kommen, was irgendwie keiner so richtig gut findet, aber: „Man muss verstehen, dass es ernst werden kann und dass sich die Bundeswehr im Kriegsfall nicht um alles kümmern kann“, dass also ganz viel Eigeninitiative und planende Vorbereitung auf den „Ernstfall“ zu leisten ist. Das nationale WIR kommt den juvenil salbadernden Podcastern so geschmeidig über die Lippen wie der ganze Podcast an eine flotte Sendung des Jugendrundfunks aus den 1970ern erinnert.

Am Verstörendsten und Bizarrsten ist, wie sich die beiden fröhlich daherplappernden „Gen Z“-Vertreter – altersmäßig vermutlich irgendwo zwischen Anfang Zwanzig und Anfang Dreißig angesiedelt – die Sorgen der Herrschenden und deren Krieges gegen Russland zu eigen machen. Wie sie sich den Kopf des Kriegsminister zerbrechen über die Details eines „Ernstfalles“, dessen vermutete Unvermeidlichkeit Prämisse dieses Gedankenspiels ist. Sie nennen es Gedankenspiele für den Angriffsfall („Wir haben einen russischen Präsidenten, der uns bedroht“!) sie als a priori Gegebenheit nehmen.

„Angriffsfall“ ist das Wording der „Tagesschau“ als staatlicher Sendeanstalt einer Kriegspartei; dieser Angriffsfall, der natürlich Russland untergeschoben wird, wäre im sogenannten Ernstfall nichts anderes als die Reaktion Russlands auf einen Angriff durch die NATO.

Die  beiläufige bellizistische Indoktrination des Podcasts besteht in den scheinbar faktischen Erwägungen, welche Zivilschutzmaßnahmen im Falle des bevorstehenden Kriegsfalles zu treffen sind und ob und inwieweit „wir“, also der Staat, der diesen Kriegsfall erst herstellt, darauf vorbereitet sind. DASS der Kriegsfall eintritt, liegt irgendwie in der Luft und ist dann – mal wieder – auf jeden Fall klar die Schuld des Russen, denn: „Wir haben einen russischen Präsidenten, der uns bedroht.“

Soweit (und weiter garantiert nicht) stellt sich die Sache dar für Leute einer Generation, die nach 1990 geboren wurde und die in Form jugendlich daherzwitschernder Podcastmoderatoren ihren Altersgenossen und dem Rest des „Tagesschau“-Publikums erklären muss, dass vor 35 Jahren mal „ein Riss durch Europa“ ging und es eine „Grenze mitten durch Deutschland“ gab. Nein! Doch!! Oh….!!!

Mehr Reflexion ist nicht drin, mehr Nachdenken nicht erwünscht. Natürlich müssen die Moderatoren ablesen, was eine Redaktion ihnen aufschreibt; es bleibt aber zu befürchten, dass diese braven Jungdeutschen (die selber für ihren Podcast „recherchiert“ haben, indem sie z.B. Schutzräume in Berlin besichtigt haben) die Grenzen ihres Horizontes erstens überhaupt nicht sehen und dass diese zweitens definiert sind von der nie hinterfragten Eingebettetheit in das nationale Kollektiv, in dem es keine Klassen, sondern nur Chancen für individuellen Erfolg oder Versagen gibt; keine Herrschaft, sondern nur gutes oder schlechtes Regieren; keine Feinde außer denen, die die Regierung als solche definiert: „Wir haben einen russischen Präsidenten, der uns bedroht”.

Ein Podcast, der in seiner unbedarften Fröhlichkeit und sachlich-besorgten Bestandsaufnahme von niemals  hinterfragten Zuständen das Gruseligste ist, was ich seit langem hören musste..

Prorussische Desinformation wo man hinguckt!

Die „Tagesschau“ bringt an prominenter Stelle eine Nachricht, die mal wieder deutlich macht, WIE perfide der Iwan daran arbeitet, uns unschuldige Bundesbürger der natürlichen Loyalität zu unserer Bundesregierung zu entfremden: er, also der Russe, hat eine Propagandakampagne auf „X“ inszeniert, die – halten Sie sich bitte fest! – „prorussische Desinformation“ unter das deutschsprachige Volk streut!

Aufgedeckt hat diesen bösartigen Move niemand anders als die „Digitaldetektive“ („Spiegel“-Jargon für die Geheimdienstler, die sich mit Feindbeobachtung im Internet beschäftigen) des für seine seriöse, redliche und ausgewogene Politik bekannten Außenministerium unter der ebenfalls bekannt seriösen, eloquenten und tiefgründigen Premiumdenkerin Baebock.

Damit ist die Solidität von Quelle und Inhalt der Information ausreichend belegt und wir erfahren desweiteren, dass der Feind aus dem Osten ganze Heerscharen von Fake Accounts auf uns losgelassen hat. Die haben alle nur eins im Sinn: mit ihrer prorussischen Desinformation unserer Demokratie zu schaden und uns in unserer Treue zur besten Regierung des besten Deutschlands das es je gab verunsichern sollen.

Das ist natürlich eine Nachricht, die im Prinzip einen sofortigen erneuten Weltkrieg gegen den alten Feind erfordert, aber wir sind ja Pazifisten und gegen Rechts, also auch gegen Putin, und deswegen kontern wir die russische Desinformation zunächst einmal nur mit unseren stets akkuraten, wahrheitsgetreuen und immer korrekten Informationen.

Der deutsche Michel sitzt inzwischen so regungslos vor Schreck auf dem Sofa, dass ihm die Hand, die das Bierglas hält, auf halbem Weg zum Mund erstarrt. Gebannt harrt er der Erläuterung, worin denn nun diese „prorussische Desinformation besteht; schließlich muss er sich ja gegen die moskowitische Gehirnwäsche wappnen kann.

Die knallgrün kostümierte klimaktierende Meldungsaufsagerin, die aus dem Fernseher die gerade gültigen Sichtweisen verkündet, lässt ihn auch nicht im Stich und erklärt dem bang wartenden Michel, worin denn nun die prorussische Desinformation besteht: zahllose russischen Fake Accounts verbreiten die ungeheuerliche Behauptung, die deutsche Regierung würde sich gar nicht um die eigene Bevölkerung kümmern und stattdessen lieber mit Milliardensummen die Ukraine unterstützen.

Dieser Sache auf die Spur gekommen zu sein, kann sich das Baerbockministerium als Verdienst anrechnen lassen. Nicht auszudenken, hätte es nicht die Bevölkerung über die Gefahr dieser erneuten russischen Perfidie gewarnt! Am Ende würden die Leute die prorussische Desinformation noch GLAUBEN!

Gleichzeitig wird durch die Verbreitung dieser Meldung in sämtlichen Medien und vor allem im nationalen Nachrichten-Hochamt „Tagesschau“ klargestellt: Jeder, der behauptet, die Ampelregierung würde die eigenen Bevölkerung zugunsten der Ukraine bzw. des dortigen Krieges gegen Russland vernachlässigen, kann nur russischer Einflußagent oder Opfer prorussischer Desinformation sein.

Inhaber regierungskritischer Meinungen sind folglich im Grunde Spione, ob freiwillig oder manipuliert durch prorussische Desinformation. Gottseidank ist das jetzt dank der Baerbock-Truppe aufgeflogen und die Volksgemeinschaft ist gewarnt, sich ja nicht auf diese doppelplusunguten Gedanken einzulassen!

Ein Hochamt des Bürgerlichen Antifaschismus in den Abendnachrichten der staatlichen kontrollierten TV-Anstalt

Die Tagesschau widmet ein Drittel ihrer Hauptnachrichten um 20.00 Uhr der „Bedrohung unserer Demokratie“ durch die AfD. Eingeleitet wird dies mit einer ausführlichen Würdigung der Geheimdienstkampagne, die das von staatlichen Stellen und Soros-Organisationen finanzierte „Recherche-Netzwerks Correctiv“ kolportierte Treffen zum Thema hat, auf dem irgendwelche AFD und CDU-Leute (diese werden aus Gründen der demokratischen Hygiene stets als „Mitglieder der Werte-Union“ bezeichnet, um den Namen „CDU“ nicht sagen zu müssen) u.a. über völkische Remigrationsträume gesprochen hatten.

Direkt vor diesen „Enthüllungen“ hatte dieselbe „Tagesschau“ über die regierungsamtliche Umsetzung demokratischer Remigration berichtet, die im Parlament als „Reform des Asylrechts“ oder „Änderungen der Flüchtlingspolitik“ beschlossen wurde und natürlich streng freiheitlich und bunt unsere Demokratie schützt, indem unerwünschte Ausländer und die massenhaft hierher drängenden menschlichen Abfallprodukte der imperialistischen Weltordnung strenger schikaniert und einfacher abgeschoben werden können.

Der „Tagesschau“-Bericht ist ein einziges Framing der den CDUCSUSPDFDPGRÜNELINKE-Konsens gefährdenden Konkurrenz von rechts, die sich ärgerlicherweise anschickt, stärkste Partei in Deutschland zu werden, in den ostdeutschen Bundesländern demnächst die Regierung zu stellen und deswegen aus Sicht der bisherigen Machthaber unbedingt verboten gehört. Die AfD-Vertreter lässt man kaum zu Wort kommen, und wenn dann nur mit extrem kurzen, wenig substantiellen Beiträgen. Umso ausführlicheren Raum erhalten dagegen die Vertreter des Parteienkartells, das sich selbst als automatische Abonnenten auf Posten, Ämter und Pfründe betrachtet.

Die offensichtlich geschickt getimte „Correctiv“-Meldung über das Treffen der Remigrationsfreunde hat medial und propagandistisch offenbar ihren Zweck erfüllt und – wie der Klang des Glöckchens bei Pawlows Hunden – tausende von erschrockenen Bürgern auf den Plan bzw. auf die Straßen gerufen, die dort viele Schilder und Plakate hochhalten, mit denen sie „die Freiheit“, „die Demokratie“ und alles, was sie dafür halten, „gegen Rechts“ verteidigen wollen.

Dass zu diesen Aufmärschen auch Spitzenpolitiker wie Scholz und Baerbock kommen und sich volksnah und besorgt über die „Gefahr von Rechts“ geben, passt zur regierungsamtlichen Inszenierung des „Skandals“ und seiner medialen Bewältigung, stößt aber auf wohlmeinende Kritik seitens der immer auf optimale Durchschlagskraft der Regierungsvorhaben achtenden Presse: der „Spiegel“ mahnt, dass die Top-Riege der Machthaber auf den „spontanen“ Demos eigentlich nichts verloren hätte, weil sie dem „zivilgesellschaftlichen Widerstand“ die Wirksamkeit nehmen würden, wenn sie sich so demonstrativ an dessen Spitze stellt. Am Ende kommt das Volk noch darauf, auf welche Weise und für wessen Interessen es hier instrumentalisiert wird; davor möchte der „Spiegel“ seine Obrigkeit jedenfalls beschützen.

Dass die Kritik des „Spiegels“ eine wohlwollend-solidarische ist, die der Regierung nur helfen will, ihre Ziele besser zu erreichen, macht das Hamburger NATO-Blättchen in einer anderen Meldung deutlich, in dem dem geneigten Publikum gesagt wird, wo es gegen die rechten Feinde der Demokratie demonstrieren kann. (Bild 2)

Schließlich erfährt man noch, dass man „um 22:50 oder jetzt schon in der Mediathek“ eine erschütternde und entlarvende Reportage über AfD-Aussteiger sehen kann. WIE schrecklich diese Partei ist, verdeutlicht ein Ausschnitt aus dem Werk, in dem Ex-Mitglieder sich schwer enttäuscht zeigen von ihrer ehemaligen politischen Heimat, weil auf irgendeiner Veranstaltung irgendwelche Leute dem falschen AfD-Mann (nämlich dem inzwischen zu einer Art faschistischem Dämon erklärten thüringischen Rechtsaußen Höcke) falsch oder zu viel zugejubelt haben.

Nach all diesem Input über die abscheuliche und erzböse AfD und die finsteren Machenschaften, mit der diese gruselige Truppe unsere beste Demokratie aller Zeiten unterwandern und letztlich abschaffen will, sitzt der „Tagesschau“-Konsument erschrocken auf seinem Sofa und schwört sich und dem Ehepartner, den Kindern, Eltern, Arbeitskollegen und jedem, der es hören will, dass er auf jeden Fall auf der richtigen Seite, nämlich der des Staates, steht und NIEMALS eine Partei wählen würde, die gewissermaßen die moderne NSDAP ist. So jedenfalls scheinen es sich die Programmmacher und Redakteure solcher Nachrichtensendungen zu denken, wobei sie sicherlich mit der gewohnheitsmäßigen Gedankenlosigkeit ihres Publikums rechnen können; eines Publikums, das sie selbst in jahrzehntelanger Abrichtung zu realitätsresistenten Konsumenten von „Nachrichten“ gemacht haben, die nichts anderes sind als eine Art Kindergartenversion der Welt, wie sie NATO und Regierung erklären.