Gespenstische KI

In einem Moment nostalgischer Erinnerung an meine Kindheit in Hamburg fällt mir mein Großvater mütterlicherseits ein. Er fuhr als einer der ersten in der Familie ein eigenes Auto, einen Borgward Arabella. Für uns Kinder war er schon deswegen eine bewunderte Person, und es brachte ihm (zur Abgrenzung von dem Großvater väterlicherseits) den Namen „Opi Bella“ ein.

Dank heutiger KI-Möglichkeiten kann man ja Erinnerungsbilder mehr oder weniger akkurat aus dem Gedächtnisspeicher des Großhirns in eine artifiziell erzeugte Visualisierung transferieren, sofern man einen einigermaßen präzisen „Prompt“, eine entsprechende Beschreibung, eingibt.

Was ich auch tue. Meine Eingabe an die KI-Software Stable Diffusion von Dreamstudio.ai lautet (mit der KI muss man englisch sprechen): „Hamburg in the 1960s, Social housing block, staircase, a grandfather with Prinz-Heinrich-cap, door of a family, two boys of 6 and seven years, Arabella car“

Das Ergebnis ist fast deckungsgleich mit meinen Erinnerungen. Mein Bruder und ich, das Auto, unser Großvater (der Mann rechts, im braunen Mantel), nur die Prinz-Heinrich-Mütze fehlt, da war die KI wohl überfragt oder überfordert. Der Hauseingang unseres Sozialwohnungsblocks sieht ziemlich exakt so aus, wie ich ihn in Erinnerung habe. Das Gespenstischste: der Mann im braunen Mantel sieht tatsächlich unserem Großvater Max Todt ziemlich ähnlich.

Bilder:
1) KI-generiertes Bild auf Grundlage des Prompts (oben)
2) Foto von Max Todt und antifaschistische Genossen des Strafbatallions 999
3) Foto Max Todt

4) Borgward Arabella

Kindheit in Hamburg

Kindheit in Hamburg 1

Auf der Rasenfläche vor den Mietwohnungsblocks in der Amandastraße, Nähe Schlump, spielten wir unsere Kinderspiele. Neben Cowboy-und-Indianer waren das Versteckspielen, Klingelstreiche und die Versuche, beim Schlachter eine Wurst zu erbetteln, außerdem Mutproben wie Regenwürmer essen. Vor allem aber spielten wir Fußball.

Hier hier segnete mein brandneuer, zum achten Geburtstag erhaltener Lederfussball das Zeitliche, als er bei seinem ersten Einsatz auf die verkehrsreiche Hauptstraße „Am Schulterblatt“ geschossen und dort von einem Auto platt gefahren wurde – ein traumatisches Ereignis meiner Kindheit.

Kindheit in Hamburg 2

Unser Großvater nahm meinen Bruder und mich gerne mit in den Hamburger Hafen an die Landungsbrücken, wo wir den Barkassen, Schleppern, Hafenrundfahrtsschiffen und dem sonstigen Treiben im Hafen zusahen.

Am Anlegesteg zeigte er in das Wasser hinunter und erzählte uns von dem Haifisch, der hier wohnte. Dazu sang uns das Lied von Mackie Messer aus der Dreigroschenoper vor. Davon war ich aufs äußerste beeindruckt, sowohl vom Haifisch mit den Zähnen im Gesicht wie von dem gemeinen Verbrecher Mackie Messer.

Wir (ich jedenfalls) waren noch sehr lange davon überzeugt, dass der Haifisch genau hier a den St. Pauli Landungsbrücken zu Hause war.bei