Feindbildpflege im Wandel der Zeit: Der Schurke wechselt, die Projektionen bleiben

Ich erinnere mich an vergangene Kampagnen gegen die jeweiligen Staatsführer, die gerade auf der Feindesliste der NATO standen. Jeder von ihnen zog nicht nur den Hitler-Vergleich auf sich, sondern wurde politisch und medial in düstersten Farben als Ausgeburt des Bösen porträtiert. Als Grund wollte man einzig eine unerklärliche und rätselhafte, dafür umso bösartigere Schurkenhaftigkeit erkennen, die tief in der verdorbenen Seele des jeweiligen Tyrannen verortet wurde.

1999 war der serbische Präsident Slobodan Milosevic der neue Hitler und völkermordete kosovarische Mafiosi und Separatisten, worauf sein Land dringend bombardiert werden musste (schon um „ein neues Ausschwitz“ zu verhindern).

2003 war der irakische Präsident Saddam Hussein dran, bis dahin bester Kumpel diverser US-Minister und Rüstungskreise, dann aber plötzlich ein schlimmer Diktator und furchtbarer Despot mit Massenvernichtungswaffen.

Danach, 2011, musste der libysche Revolutionsführer Muammar Ghaddafi dran glauben. Er wurde über Nacht zu einem wahnsinnigen Despoten, der sein armes Volk in grausamster Knechtschaft hielt, um die eigenen völlig psychotischen Machtgelüste zu befriedigen.

Jetzt ist also Wladimir Putin an der Reihe, der Präsident der russischen Förderation. Die aus jedem Ruder laufende Hass- und Hetzkampagne nicht nur gegen ihn, sondern gegen alles Russische, gibt vor allem über eines Auskunft: hier ist ein Staatschef ins Zielvisier der NATO-Mächte (insbesondere aber, und zwar seit geraumer Zeit, in das der NATO-Vormacht) geraten, der über Gewaltmittel gebietet, die dem globalen Ordnungsanspruch der NATO tatsächlich etwas entgegenzusetzen haben.

Diese schlichte Tatsache, und dass er diese Machtmittel auch zur Durchsetzung seiner staatlichen Ziele einsetzt (ganz so, wie es der NATO-Block seit 30mJahren zu tun gewohnt ist), macht aus ihm nicht nur einen weiteren „neuen Hitler“, sondern trägt ihm die Eigenschaft „schlimmer als Hitler!“ ein.

Die Hysterie der Dämoniserung des zum Feind erklärten Staates und seiner Führung sagt wenig bis nichts über die Zwecke und Ziele des gegnerischen Staatswesens aus (die sich nicht unterscheiden von denjenigen anderer Teilnehmer der Staatenkonkurrenz), aber ganz viel über die Notwendigkeit auf Seiten der NATO-Mächte, ihre Bevölkerung in die richtige Kriegsstimmung zu versetzen.