Hass und Hetze für Freiheit und Demokratie: Desinformationskrieger warnen vor Desinformation

Auf der Suche nach dem korrekten Namen des Herausgebers des “Sakers” (https://thesaker.is) ist diese Website in den Suchergebnissen aufgetaucht.

Ihre Information über das Saker-Blog ist ein derogativer Hetzartikel , eine Art herablassend-überhebliche selbstgerechte Schmähung, die einen als Leser des „sakers“ erstmal ungläubig stutzen, aber schon ahnen läßt, dass hier wohl Desinformationskrieger des Wertewestens unterwegs sind.

Und richtig: ein Durchklicken der Site gibt den Blick frei auf dasselbe massive ideologische Eifertum in allen Themenfeldern: immer ist der Russe schuld. Das Ganze ist allerdings kein Sektenportal irgendeines russophob durchgeknallten Kalten Kriegers, sondern eine hochoffizielle Website der EU, nämlich ihrer Stelle zur Bekämpfung russischer Desinformation.

Gebt euch das, Leute. Zugegeben, es ist schwer, den fanatisierten paranoiden Irrsinn dieser Texte ohne eine Mischung aus Verdutztheit, Ekel und angewiderter Amüsiertheit zu lesen. Aber es ist wichtig zu wissen, in welchem Geisteszustand die Machthaber des deutsch-europäischen Staatenbundes sich befinden, in welchen absolut wahnwitzigen und doch so seriös und demokratisch-vernünftig daherkommenden Duktus die Ideologen des europäischen Imperialismus ihre Anmaßung und ihre Hybris formulieren.

Es ist gleichzeitig witzig und widerlich, sowohl absurd wie erschreckend:

https://euvsdisinfo.eu/

Geschichten die das Leben schrieb: revoluzzende Kulturbanausen

Auf dem Weg zur Arbeit höre ich im Autoradio meistens WDR3, den Kultursender des WDR. Neben in der Regel gut ausgewählter (meist klassischer) und kommentierter Musik wird man von diesem aus GEZ-Zahlungen finanzierten Radiosender allerdings unter dem Stichwort „kulturelle Information“ mit einer gehörigen Portion der staatsoffiziellen Sichtweise auf die Welt versorgt.

Heute klinke ich mich bei Fahrtantritt in einen Gesprächsbeitrag ein, der das mobile lateinamerikanische Poesiefestival „Latinale“ in Berlin und Osnabrück kommentiert, das gerade zu Ende ging. Der Sprecher redet in gönnerhafter Herablassung über die Qualität der dort dargebotenen Poesie. Eine der Poetinnen, so erfährt man, hätte gesagt, sie müsse beim Vortragen ihrer Gedichte tanzen. Der Kommentator: „Tatsächlich schwang sie dann beim Lesen ihre Hüften – besser wurden ihre Verse dadurch allerdings nicht.“

Auch die anderen Dichter von da unten kommen beim westlichen Kulturscharfrichter schlecht weg: „Hilflose Wortwiederholungen hier, exzessive Länge der Gedichte dort –  als Besucher der Latinale konnte man schon den Wunsch entwickeln, manch ein Gedicht vom überflüssigen Wortballast zu befreien.“

Zuerst denke ich, hier würden Reaktionen neo-kolonialer Hybris zitiert, merke aber schnell, dass der Beitrag sich ganz ernsthaft die Pose des europäischen Kultur- und Sittenwächters anmaßt, verbunden mit dem Richteramt über die Güte des dortigen künstlerischen Schaffens.

Damit ist es aber noch nicht genug. Zu richtiger Fahrt läuft der Kommentator erst auf, als es um die seiner Ansicht nach unzulässige politische Ausrichtung und Einmischung der auf der Latinale vertretenen Künstler und Kuratoren geht.  Eine Künstlerin: „Seit 1973 sind wir vom neoliberalen Wirtschaftsmodell eingezwängt worden, und in diesen Tagen ist die Zwangsjacke zerplatzt. Den Frauen ist es gelungen, sich zu befreien und den Staat als ihren Hauptunterdrücker auszumachen.“


Damit hat sie eindeutig die Geschmacksgrenze des kulturellen Sittenwächters überschritten, der sich jetzt zur ganzen Höhe seiner Mainstream-Arroganz emporschwingt und die aufmüpfige Latina radiokommentatorisch und westlich-paternalistisch zur Besinnung und Ordnung ruft: „Der chilenische Staat als Hauptunterdrücker der Frauen?? Da durfte man sich als Zuhörer schon wundern“, lässt der Sprecher mit bemüht ironischem Unterton seine Zuhörer wissen.

Danach wird im Originalton eine Moderatorin zitiert, die ein paar richtige Sätze sagt zum Aufstand der lateinamerikanischen Völker gegen die neoliberalen Regimes der Region und die brutale Herrschaft, die in Ländern wie Chile und Bolivien gegen die Bevölkerung exekutiert wird. Sie benennt diese Zustände korrekt als Folgen von Imperialismus und Kolonialismus.

Auch hier wird der Kommentar seinem Klassenauftrag gerecht und kanzelt solche Anwandlungen ab: „Soll ein Beispiel dafür etwa auch der durch die Proteste in Bolivien herbeigeführte Rücktritt von Präsident Morales sein?… Etwas komplexer, als sich das manche Vertreter der Post-Kolonialismus-Forschung und Gender Studies wünschen ist die Welt dann leider oder zum Glück doch.“


Zum Schluss lässt er die geneigte Zuhörerschaft noch wissen, dass die einzig taugliche Poesie auf der „Latinale“ – Überraschung! – die unpolitische gewesen sei, nämlich ein Gedicht über das Aussterben des Patios (typische Innhöfe z.B. in Kolumbien).

Man spürt förmlich, wie sich der Autor mental gemütlich in seinen Club-Sessel zurücklehnt, eine Zigarre anzündet und sich virtuell selber auf die Schulter dafür klopft, wie gut er es diesen schwarzhaarigen revoluzzenden Latino-Kulturbanausen mal wieder gezeigt hat.