Zweimal Propaganda, getarnt als Journalismus:

1) „Wir schreiben es, die anderen schreiben es – wenn alle es schreiben, wird’s schon stimmen!“

So geht Selbst-Referenzialität: erst die CIA-gesteuerte Kriegshysterie als kongenial russophobes Lautsprecherorgan verstärken und multiplizieren, dann in den westlichen Hofmedien nachschauen und feststellen, dass die alle dasselbe machen: nämlich Kriegsangst zu schüren und Kriegsstimmung anzuheizen – um daraufhin ganz neutral und journalistisch-sachlich zu konstatieren, dass ja wohl „niemand mehr an eine friedliche Lösung zu glauben scheint“.

Dass der Failed State an der russischen Westgrenze seit dem Putsch 2014 so massiv vom Westen aufgerüstet wurde, dass aus einer desolaten, schlecht ausgerüsteten Armee eine ziemlich schlagkräftige Truppe unter der Anleitung (wenn nicht dem Kommando) westlicher „Berater“ geworden ist, und dass diese modernisierte ukrainische Armee samt ihrer faschistischen Hilfstruppen an die 100.000 Soldaten an der Kontaktlinie zu den abtrünnigen Volksrepubliken zusammengezogen hat, erfährt der durchschnittlich informierte, also russophobe, Medienkonsument im Reich der Freiheit nicht.

Dafür weiß er dank „Spiegel“, dass die Militärmanöver der Russen auf russischem Territorium erstens eine „Aggression“ und zweitens „Putins Truppenaufmarsch“ sind. So wie kleine Jungs eben mit ihren Plastiksoldaten im Sandkasten Krieg spielen – nur dass der fiese Oberrusse leider in echt seinem morbiden Spieltrieb frönen kann.

2) Strenger, aber gütiger Vater der freien Welt droht ungehorsamem Autokraten – schlimmer Feindstaat-Despot klagt und jammert bloß rum!

Eine Umkehrung der Verhältnisse dichtet das Ostfrontmagazin aus Hamburg in die Gespräche der beiden Präsidenten: das „Stopp!“ Russlands zur ungebremsten NATO-Aggression und -Expansion, das dem kollektiven Westen zum ersten Mal auch in Europa klarmacht, dass die Zeiten rücksichtsloser Durchsetzung des imperialistischen Kriegsbündnisses vorbei sind und ab jetzt auch Russlands Sicherheit zu berücksichtigen ist, findet mit keiner Silbe Erwähnung im Chor der hysterischen Bellizisten der NATO-Presse.

Dort wähnt man sich in der Rolle des friedliebenden Verteidigers universal gültiger Freiheits- und Menschenrechte, der völlig zu unrecht von einem autokratischen Despoten der Aufrüstung und Aggression beschuldigt wird. Schon deshalb muß der Weltchampion der Freiheit und Demokratie als Anführer der westlichen Welt(-Ordnung) mit dem Mann Klartext reden, und das bedeutet: ihm klarmachen, wo seine Grenzen sind.

Nämlich da, wo er es wagt, das Weltherrschaftsmonopol der USA und deren NATO in Frage zu stellen. Tatsächlich ist das zerbröselnde imperialistische Lager – in sich zerstritten und bestehend aus waschechten KONKURRENTEN um die Aufteilung und Ausplünderung der Welt – gar nicht mehr fähig, die russische Macht mit einer glaubhaften militärischen Überlegenheit klein zu halten (schon garnicht seit der epochalen – von den Westmedien eher ignorierten oder heruntergespielten – strategischen Partnerschaft Russlands und Chinas).

Die imperialistische „regelbasierte Ordnung der internationalen Beziehungen“ (ein Euphemismus der USA und ihrer Vasallen für „Wir sagen euch, wo’s langgeht und wenn ihr euch nicht dran haltet, gibt’s Sanktionen und Krieg“) wird zusehends ersetzt durch die im wesentlichen von China ausgehende Neudefinition der internationalen Beziehungen zu solchen des gegenseitigen Nutzens im Sinne der friedlichen Entwicklung aller Staaten in einer multipolaren Welt.

Nicht Russland, sondern der kollektive Westen ist der Schurke in diesem Stück, während seine politischen Vertreter und ihre Hofschranzenpresse den Plot so darstellen, als sei hier ein Paria der Staatenwelt leider am Durchdrehen (aus beleidigtem Ego, so wird vermutet) und müsse nun von der internationalen Gemeinschaft eingehegt werden – mit etwas gutem Willen, aber auch mit der unmißverständlichen Androhung der Prügelstrafe bei weiterem Fehlverhalten. So eben, wie man es bei renitenten Zöglingen macht, wenn man merkt, dass die frech werden und über die Stränge zu schlagen drohen.

Nur dass erstens die „internationale Gemeinschaft“ lediglich aus der Handvoll imperialistischer Hauptmächte samt ihres abhängigen Vasallenanhangs be- und dem Rest der Staatenwelt gegenübersteht, und dass zweitens in diesem sogenannten „Ukraine-Konflikt“, der von den eifrigsten medialen Kriegshetzern bereits zum „Russland-Konflikt“ emporgeschrieben wurde, es die Russische Förderation ist, die die Ansagen macht und die Bedingungen stellt.

Die „Deeskalation“, um die sich der Westen nach Ansicht seiner Medien so händeringend bemüht, ist daher einerseits gar nicht beabsichtigt, andrerseits aber ausschließliche Hausaufgabe des Kriegsbündnisses und seiner Führungsmacht. Sie wäre ja leicht und einfach zu haben: die NATO bräuchte bloß einen Beitritt der Ukraine ausschließen, ihre Russland bedrohenden Raketen aus Europa abziehen und endlich die russischen Sicherheitsinteressen als ebenso berechtigt wie die eigenen anzuerkennen.

Allein dass sie diese in der russischen Note enthaltenen elementaren Bedingungen eines militärischen „Rückbaus“ und Voraussetzungen für ein friedliches Miteinander alle europäischen Staaten kategorisch ablehnt und als „unrealistisch“ oder „unverhältnismäßig“ abkanzelt, zeigt die Aggressivität und den unveränderten Weltherrschaftsanspruch des US-Imperiums. Es hat aber keine ausreichenden Mittel mehr, dieser Hybris entscheidende Taten folgen zu lassen – Stichwort „imperiale Überdehnung“ – egal welche aberwitzigen Trilliardensummen die Washingtoner Oligarchie noch in ihren Kriegs- und Rüstungsapparat stecken mag (auf Kosten der zunehmend verelendenden amerikanischen Bevölkerung).

Die journalistische Begleitmusik zu diesem Abschiedskampf des Imperiums um Bedeutung und Beherrschung einer sich rapide ändernden Welt müsste eigentlich ein Trauermarsch sein, oder ein dissonantes Zwölftonstück, gespielt auf einer Müllhalde – es ist aber immer noch der Triumphmarsch und die Siegesfanfaren eines Kalten Krieges, den der Imperialismus vor 30 Jahren gewonnen hatte, dessen heutige Neuauflage er aber nicht mehr gewinnen kann.

Die Niederlage des kollektiven Westens, die das Ende einer ganzen Epoche ist, zeichnet sich ab und spiegelt sich medial-propagandistisch wieder in den immer fanatischeren Lobpreisungen, mit denen seine Medien die eigenen „Werte“, die man den Feinden im Osten entgegenhält, als einzig senkrechte Glaubenssätze ikonisieren; in den immer dümmeren Lügenmärchen, die den Leuten aufgetischt werden („russischer Angriff erfolgt Mitte nächster Woche nach Scholz-Besuch in Moskau!“); schließlich in der immer depperteren Dämonisierung des Feindes, gepaart mit einer ideologischen Selbstgerechtigkeit, deren Fremdschämfaktor ungeahnte Höhen erreicht.