Der „Spiegel“ beschönigt gar nichts an den ungemütlichen Nebenwirkungen der Marktwirtschaft und bestätigt sich und der Leserschaft damit, dass diese zur Freiheit dazugehören

Einfühlsam und im bewährt gefühligen Claas-Relotius-Stil beschreibt der „Spiegel“ die Altersarmut in der BRD, deren Herstellung durch den geschäftsführenden Ausschuss der Kapitalistenklasse, die bürgerlichen Politiker, er selber mit verständnisvoller Sorge um die unternehmerischen Gewinne herbeigeschrieben hat.

Genau wie die in dem Bericht zitierte „Bild“-Zeitung, die den durch die Herrschenden verarmten Leuten den passenden Sündenbock und Blitzableiter für ihre Not anbietet: ANDERE Bezieher staatlicher Transferleistungen, die die Almosen der staatlichen Armutsverwaltung angeblich gar nicht „verdienen“.

Der Artikel nennt die Zahl von 500.000 Beziehern der „Grundsicherung im Alter“ und eine hohe Dunkelziffer.

Andere Quellen gehen davon aus, dass um 2030 mehr als 50% der Rentner gezwungen werden, unter dem Armutsniveau zu leben und deswegen die „Grundsicherung“ in Anspruch zu nehmen.

Die Politiker, die Niedriglöhne, Rentenraub und Altersarmut durch ihre dem Kapital gegenüber willfährigen Gesetze beschließen und einrichten sind jedenfalls nicht von diesen ungemütlichen Begleiterscheinungen freiheitlicher Marktwirtschaft bedroht. In der Regel belaufen sich die Altersbezüge von Abgeordneten (und zwar nach bereits einer Legislaturperiode) im MONAT auf mindestens den Betrag, den die Bezieher der „Grundsicherung“ im JAHR bekommen.

Die Politiker der herrschenden Klasse machen zielstrebig die Verelendung der Lebensumstände von Millionen zur Realität, flankiert von konzernfinanzierten Think-Tanks wie der Bertelsmann-Stiftung und einer botmäßigen Medienlandschaft, und verkaufen das den Untertanen als unumgängliche Sicherung des Kapitalstandortes in der globalisierten Konkurrenz. Und auf ihre Weise haben sie sogar recht damit: als konsequente Interessenvertreter und Beförderer der ökonomischen Wucht der deutschen Kapitale haben sie ihren Lieblingsbürgern einen Standort herbeiregiert, dessen Ausstattung in Punkto Zurichtung der Arbeitsmannschaft zur billigen Verfügungsmasse profitabler Kapitalvermehrung wenig zu wünschen übrig lässt.

Dass die Arbeitsmannschaft selber die Angriffe auf ihre Lebensgrundlagen meist klaglos hinnimmt ist eigentlich das Verwunderlichste an der Sache.

Die lohnabhängige Klasse wird entwaffnet durch die Ideologie der Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft, wonach es an jedem selber läge, sich mit ausreichend finanziellen Mitteln durchs Leben in der Klassengesellschaft zu schlagen; folglich also jeder auch selber schuld sei, wenn das nicht funktioniert. DASS das millionenfach (im Weltmaßstab milliardenfach) nicht funktioniert, nicht funktionieren kann in einem System, in dem die Armut der vielen die Voraussetzung des Reichtums der wenigen ist – selbst das leuchtet den Untertanen nicht ein.

Zu wirksam ist das nicht gegebene aber umso zäher geglaubte Versprechen, man könne durch eigene Anstrengungen vielleicht ja von den Krümeln, die vom Tisch des Kapitals fallen, einen so dicken erwischen, dass es für ein anständiges Leben (auch im Alter) reicht.

Diese ideologische Abrichtung der Klasse, die mit ihren ganzen Lebensumständen vollständig von den Berechnungen des Kapitals abhängig ist, zum freiwilligen und begeisterten Erfüllungsgehilfen der Kapitalverwertung ist – wenn man so will – ein noch perfideres Verbrechen des Kapitalismus als die praktisch gemachte Verelendung einer immer größeren Anzahl Leute.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/armut-im-alter-wie-eine-85-jaehrige-am-existenzminimum-lebt-a-1244160.html

Das Hamburger Fachblatt für verständnisvolle Pöbelbetreuung macht sich Gedanken über die französischen Wutbürger…

… die „ausgerechnet ihren klugen, aufgeschlossenen Präsidenten Macron auf den Mond schießen“ wollen.

Dass die Klugheit des Präsidenten darin besteht, eine Karriere als Elitenzögling und Handpuppe des Finanzkapitals hinzulegen und auftragsgemäß zu “liefern“, indem er den neoliberalen Umbau des französischen Kapitalismus organisiert – das muss nicht diskutiert werden von Kommentatoren, die ohnehin meinen, dass dem Volk am besten damit gedient sei, wenn für den Reichtum der Elite („Nur WACHSTUM schafft Arbeitsplätze!“) das Überleben der für diesen Reichtum dienstverpflichteten Normalbürger immer knapper und ungemütlicher gemacht wird.

Auch das Märchen von der „Ökosteuer“, mit dem die neueste Steuererhöhung für die Massen verkauft wurde, ist dem „Spiegel“-Kommentatoren so unhinterfragt geläufig, dass es seinem mitdenkendem Untertanenverstand nicht anders als „grundvernünftig“ erscheinen kann.

Erwerbsarmut, Diebstahl, Zeitungsschlagzeilen: Alles in Butter in der Freien Welt

Bild so: „Armut immer schlimmer! Auch wer arbeitet ist arm!“

Express so: „Bettler immer schlimmer!“

Ich so: „Könnte das eine wohl mit dem anderen zu tun haben?“

Kapitalismus samt Insassen unisono:

„Nö, alles Schicksal, jeder seines Glückes Schmied, der Fleißige hat Erfolg, Leistung lohnt sich, Armut leider Naturgesetz wie Regen und Schnee.“