Spannende Zeiten

Die derzeitige geopolitische Lage (m.a. W. der aktuelle Zustand imperialistischer Weltherrschaftsambitionen) ist gekennzeichnet von einem rapiden, selbstbeschleunigenden Wahnsinn.

Es scheint, dass jeder der erste sein will beim Sich-aller-Hemmungen-entledigen, was die kriegerische Rhetorik und – schlimmer – die rücksichtslose Anwendung von Gewalt und Terror betrifft.

Als ob die imperialistischen Hauptmächte – allen voran die USA, und ihre Satelliten wie Israel, Ukraine oder die europäischen Vasallen – ein Fenster der Gelegenheit wittern, zuzuschlagen, offene Rechnungen zu begleichen, militärisch in die Staatenkonkurrenz einzugreifen usw.

Der dünne zivilisatorische Firnis, der nach dem Zweiten Weltkrieg als globaler zwischenstaatlicher Modus operandi eingeführt wurde und der einzig und allein durch die bis vor etwa zehn/fünfzehn Jahren unangefochtene Suprematie der USA in Gang gesetzt und aufrechterhalten wurde, ist dahin.

Der Aufstieg Chinas, der militärische Einspruch Russlands gegen die NATO-Erweiterung, BRICS, SCO, die Rolle Irans als entscheidender Knotenpunkt der B.R.I und der neuen multipolaren Welt – das kann und will der Imperialismus nicht zulassen. 

Die Geduld Russlands, das vorsichtige diplomatische Agieren Chinas, die iranische bis zur Selbstverleugnung reichende Kompromiss- und Verhandlungsbereitschaft konnten den imperialistischen Willen zur Dominanz bestenfalls zeitweise hinhalten. Es stand und steht immer außer Frage, dass der Imperialismus nicht kampflos abtreten wird. 

Von den beiden Haupt-Stellvertreterkriegen heute hat der Angriffskrieg gegen Iran das Potential, noch schneller zum Einsatz von Nuklearwaffen zu führen als Russlands Militäroperation gegen die NATO an seiner Westgrenze.

Der israelische „Flugzeugträger“ der USA hat für die imperialistische Vormacht den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass das völkermörderische zionistische Regime erstens keinerlei Hemmungen hat, jede Art von Gewalt und Terror auch gegen Zivilisten einzusetzen (hierin unterscheidet es sich nicht von den ukrainischen Stellvertreterkriegern).

Zweitens jedoch ist Israel bereits jetzt – außer bei der eng umrissenen imperialistischen Filterblase aus USA und Anhängseln – weltweit verachtet, verhasst und als Regime bekannt, das zu jeder unmenschlichen Scheußlichkeit bereit und in der Lage ist. Auch hierin unterscheidet die Jerusalemer Machthaber kaum etwas von denen in Kiew, aber dennoch es gibt einen entscheidenden, einen elementaren Unterschied: das israelische Regime besitzt Atomwaffen.

Dies bietet die schöne Möglichkeit der „plausible deniability“ für die amerikanischen Förderer Israels:

Einmal wäre niemand überrascht, wenn Israel diese Waffen tatsächlich einsetzen würde. Immerhin ist dies ein Regime, das vor den Augen der Weltöffentlichkeit einen Völkermord begeht und seit Jahrzehnten ganz offen Landraub, Apartheid und täglichen Terror praktiziert  – gegen eine zu „menschlichen Tieren“ erklärte Bevölkerung, deren Land Israel enteignet und dessen Bewohner sehr gründlich entrechtet.

Zum anderen könnte die US Administration – ähnlich wie Außenminister Rubio beim jetzigen Angriff auf den Iran – die Hände in Unschuld waschen, behaupten, es hätte damit nichts zu tun und dass die Israelis das leider ganz selbständig entschieden hätten. Am besten noch „gegen den Rat“ der Amerikaner. Mangan sich die entsprechenden B+Verlautbarungen förmlich vorstellen.

Russland ist mittelfristig mit dem ihm aufgezwungen ukrainischen Problem beschäftigt, Europa wäre durch eine. Umfassenden Krieg in Westasien komplett ausgemischt und aufgrund der zwangsläufig explodierenden Energiekosten noch massiver verarmt, und Chinas Entwicklung müsste ebenfalls einen Schlag wegstecken, von dem  sie sich nicht ohne weiteres erholen konnte.

Und da sind wir beim Kern des Pudel und der Butter bei den Fischen: es geht um China. Die Volksrepublik ist das einzige Land, das das US-Imperium als Konkurrenten ernst nimmt; und nicht nur ernst nimmt, sondern fürchtet. Ohne eine drastische Maßnahme zur Eindämmung und Behinderung der kommenden Welt-Supermacht werden die Vereinigten Staaten in wenigen Jahrenunwiderruflich und unumkehrbar auf den zweiten Platz, vielleicht aufhalf den dritten oder vierten in der Staatenkonkurrenz abrutschen. Und zwar nicht nur ökonomisch – da hat China jetzt schon die Nase vorn – sondern militärisch, kulturell und einflußmäßig im globalen Maßstab.

Das ist der Albtraum der amerikanischen Oligarchie und ihrer politischen Hausmeister in Washington und im Permanenten oder Tiefen Staat. Sie setzen alle Hebel in Bewegung, das zu verhindern. 

„Mögest du in spannenden Zeiten leben!“, lautet ein oft zitiertes  chinesisches Bonmot. Darüber jedenfalls können wir uns im Jahr 2025 nicht beklagen.