
Mir träumte, ich wäre aus Versehen in eine parallele Zeitebene geraten, hätte darin aber die Zeitachse in umgekehrter Richtung betreten, nämlich in ein neo-viktorianisches Prag oder ein Steampunk-Wien.
Natürlich steuerte ich unverzüglich eines der zahlreichen Caféhäuser an und traf dort zahlreiche Freunde und Gleichgesinnte, Künstler, Poeten und allerlei Feingeister bei Kaffee und Käsebroten, Zigaretten und Wein und angeregter Stimmung an.
Man diskutierte, debattierte, besprach die fundamentalsten Dinge und die alltäglichsten Angelegenheiten und unterbrach diesen anregenden Zeitvertreib nur, um sich in der bescheidenen Dachstube – jeder einzelne der Caféhausbesucher bewohnte eine solche – eine warme Mahlzeit zu richten und etwas zu schlafen.
Am nächsten Tag ging es wieder ins Caféhaus, wo aufs Neue diskutiert und philosophiert wurde, bis die Ohren glühten und die müden Gemüter nach einer Runde Absynth oder Whisky riefen, die sogleich von freundlichen Kellnern serviert wurde.
So ging es tagein, tagaus, und niemand wurde dieser Gesellschaft überdrüssig. Ich beschloß, mich ganz dort niederzulassen und beantragte ein Visum bei der Temporalen Regulierungsbehörde. Man beschied mich abschlägig; angeblich würde ich nicht die Voraussetzungen erfüllen, diese aber wurden nirgends spezifiziert. Ein Gast am Nachbartisch raunte mir zu, dass in solchen Fällen meist die Ehepartner der Antragsteller – die die Ausreise aus der Normzeit durch ihr Veto verhindern dürfen – ihre Finger im Spiel hätten.
Schon vermischten sich die Zeitebenen wieder und aus einem gleichzeitigem Raumzeit-Kontinuum erklang eine mir gut bekannte Stimme: „Du wolltest doch noch mal einkaufen gehen, wir brauchen noch Klopapier und Senf!“
So scheint es also wieder mal zu früh zu sein für den Abschied aus dieser Welt, und wie das nun zu bewerten ist, überlasse ich dem Urteil der Nachwelt.