Nachdem ich eine zeitlang Ruhe vor den extratemporalen Phänomenen hatte, die sich zuletzt in zunehmender Häufigkeit auf den Parkspaziergängen mit dem Hund ereignet hatten, war es heute wieder soweit – und zwar mit Wucht. Wir (der Hund genauso wie ich, wie ich an seinem auf einmal zeitlupenmäßig verlangsamten Gang sah) bemerkten es, als wir schon fast wieder aus dem Park – der Feldmühlepark, wie fast immer bei diesen Begebenheiten – heraus waren.
Aus dem Nichts, oder besser aus einem plötzlich einsetzenden Zeitstrudel manifestierten sich die Raumschiffe der Zeitreisenden. Zu meiner Überraschung kamen sie diesmal nicht vom Himmel, quasi im Landeanflug, sondern erschienen wie eine unvermittelt auftauchende Fata Morgana, als bereits gelandete, ruhig daliegende, bunker- oder panzerähnliche Gebilde auf der herbstlichen Parkwiese.
Aus ihnen kamen Wesen, die den typischen Vorstellungen entsprachen, die man sich von Aliens, also Extraterrestriern macht: großer Kopf, grünlich, lange, schlanke Gliedmaßen und Finger, anscheinend unbekleidet- oder steckten sie in einem körperähnlichen Exoskelett? Ich vermochte es nicht zu sagen; eigentlich kamen sie auch nicht aus den Raumschiffen, sondern waren einfach da. Zwei von ihnen näherten sich mir – gingen sie auf mich zu? Schwebten sie? Ging ich in ihre Richtung?
Wie mir von solchen Begegnungen nun schon bekannt, schienen Raum und Zeit und meine gewohnte Wahrnehmung temporal gedehnt – alles schien gleichzeitig statt linear stattzufinden – und auf fast erheiternde Weise transparent. Zwischen uns und um uns herum schwebten semi-transparente metallene Flugobjekte ohne erkennbare Richtung oder Zweckbestimmung.
Eine Weile standen wir so da. Wie lange, konnte ich unmöglich feststellen, da Raum und Zeit wie gesagt in einem gänzlich fremdartigen Rhythmus abliefen, fast so, als liefe die Zeit rückwärts und faltete den Raum bis hinunter auf die Subraum-Ebene in immer kleinere Teile, bis diese so unendlich und unbeschreiblich winzig wurden, dass der ganze Prozess sich wie von alleine umkehrte. Es war, wie wenn ein Handschuh umgestülpt wurde; ein Etwas, das dasselbe ist und bleibt, aber sein Innerstes nach außen kehrt und umgekehrt…
In diese Betrachtungen, oder besser: Erfahrungen, versunken standen die Besucher und Hund und ich uns gegenüber. Zwischen oder über uns wurde (vermutlich von den auf der Wiese liegenden Raumschiffen) das Hologramm eines metallenen Herzens projiziert, das bläuliche Lichtstrahlen aussandte. Ich studierte, schon aus künstlerischem Interesse, aufmerksam die sich bewegenden und verändernden Muster auf der schimmernden Oberfläche des Objektes. Oder waren es die Muster auf meiner Netzhaut? Allein diese Frage erschien mir das Rätsel des Daseins und den Grund der Existenz zu offenbaren – wenn ich sie denn beantworten könnte.
Ich fühlte mich wie vor einer Tür, zu der ich den Schlüssel hatte, diesen aber aus Schusseligkeit verloren hatte. Beschämt sah ich auf meine Schuhe hinab, neben denen es sich der Hund bequem gemacht hatte. Ihn focht die außergewöhnliche Raumzeitdilatation offensichtlich nicht an, er leckte sich die Pfoten und tat ganz so, als würde sich hier die normalste und natürlichste Sache der Welt abspielen.
Als ich wieder hoch blickte, war die Erscheinung verschwunden. Nicht nur das metallene Herz, auch alles andere mit ihm: die Raumschiffe, die Aliens, die schwebenden mechanischen Flugobjekte. Hund und ich sahen uns an. Beide wussten wir, dass die normale Realität uns wieder hatte; zumindest ich jedoch wusste nicht, ob das soeben Erlebte wirklich passiert war oder nicht. Wir machten uns auf den Weg nach Hause.