Die Betrachtung der Welt

Hermes: „Was lachst du, Charon? und was bedeutet es, dass du deinen Kahn im Stich gelassen hast und heraufgekommen bist, du, der bis auf diesen Tag so wenig gewohnt war, sich in die Angelegenheiten der Oberwelt einzumengen?“

Charon: „Es ist mich eine Lust angekommen, Hermes, zu sehen, was es mit dem Leben für eine Bewandtnis habe, was die Menschen darin treiben, und was für Dinge das sein können, deren Verlust sie alle beweinen, wenn sie zu uns kommen; denn noch habe ich keinen mit trockenen Augen überfahren sehen.

Ich bat mir also, wie jener thessalische Jüngling, auf einen einzigen Tag Urlaub vom Hades aus, meine Fähre zu verlassen, und so bin ich denn nur eben ans Tageslicht heraufgestiegen.

Es ist sehr glücklich für mich, dass ich dich hier antreffe; denn ich hoffe, du wirst dich’s nicht verdrießen lassen, mich in diesem fremden Lande zurecht zu weisen, und, da du hier wie zu Hause bist, mir alles Sehenswürdige zu zeigen.“

Lukian aus Samosata: Charon oder die Betrachtung der Welt

Charon: in der griechischen, später auch römischen Sage der Fährmann, der die Toten/die Seelen der Toten über einen Fluss zum Eingang in die Unterwelt bringt