Freie Medien in der regelbasierten besten aller alternativlosen Welten: Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall.

Gestern in den “Tagesschau”-Nachrichten:

Zwei Meldungen über protestierende Menschen in unterschiedlichen Ländern. Beide Demonstrationen richten sich dem Vernehmen nach gegen die prekäre wirtschaftliche Situation in dem jeweiligen Land.

In Land A sind die Demonstrierenden laut Sprecher normale Bürger, die bessere Versorgung und Freiheit fordern und dabei von der Regierung rigide unterdrückt werden.

Die schlechte Versorgungslage in Land A hat zwar auch irgendwie mit Sanktionen durch die nahegelegenen Supermacht zu tun, wird aber im Wesentlichen der lokalen Regierung angekreidet. Über die Anzahl der Demonstrierenden wird man nicht genau ins Bild gesetzt, man erfährt aber, das es „Gegendemonstrationen“ gab, die natürlich „von der Regierung gesteuert“, also quasi befohlen wurden.

Insgesamt schneidet die Regierung von Land A ziemlich schlecht ab; sie wird „autoritär“, „diktatorisch“ und „unterdrückerisch“ genannt. Der Regierungschef von Land A wird ein paar Sekunden lang eingeblendet; seine vierstündige Rede mit ausführlichen Erläuterungen der Lage des Landes und weitgehendem Eingehen auf berechtigte Anliegen der Bürger wird komplett ignoriert zugunsten eines darübergesprochenen Kommentars, der dem Mann unterstellt, sich an „die Macht“ zu klammern und dem Volk grundlos alle möglichen „Freiheiten“ zu verbieten.

In Land B sieht’s ähnlich aus, dort scheint die Situation aber eine gänzlich andere zu sein: die Protestierenden dort sind laut Auskunft der „Tagesschau“ Plünderer und Randalierer, ein wütender dunkelhäutiger Mob wird beim Abfackeln irgendwelcher Autos oder Supermärkte gezeigt und zur Beruhigung des erschreckten Zuschauers wird angefügt, das „die Sicherheitskräfte“ die Lage mittlerweile im Griff haben.

Mit ganz viel Verständnis für die Notwendigkeit, einen randalierenden Mob in die Schranken zu weisen, werden dann einem dortigen Amtsträger aus Polizei, Justiz oder Politik ganz viel Zeit eingeräumt, seine Einschätzung der Lage zum Besten zu geben. Diese ist klar: „die Randalierer missbrauchen die Freiheit, sowas können wir nicht zulassen, jetzt aber alles wieder ruhig.“

Land B, muss man wissen, ist eines irgendwie freiheitsfeindlichen Verhaltens seiner Regierung absolut unverdächtig, denn dort herrscht genau die Freiheit, auf die es ankommt: die des Geldes, sich zu vermehren. Und zwar in der Hand und auf den Konten der kundigen Experten dieser Kunst, die rein zufällig in den Konzern- und Regierungszentralen des freien Westens beheimatet sind.

Das landschaftlich herrlich in der Karibik gelegene Land A dagegen hat aus denselben Gründen eigentlich gar keine Regierung, die neutral und unschuldig „regiert“, sondern eine „herrschende Partei“. Dortzulande wird nämlich geherrscht statt regiert, und zwar „totalitär“.

Warum? Weil die Staatsdoktrin dort in der freiheitsfeindlichen Todsünde besteht, der freien Vermehrung von Geld und Kapital zugunsten der geplanten Wohlfahrt der Bevölkerung Grenzen zu setzen.

Dieses Vergehen zahlt ihm der freie Westen seit 60 Jahren auf eine Weise heim, die schon das nackte Überleben der dortigen Bevölkerung ziemlich anstrengend macht.

Land B, ganz unten in Afrika gelegen, macht dem wertebewussten Freiheitslager zum Glück keine solchen Schwierigkeiten, da es sich die regelbasierte Ordnung dieser menschheitsbeglückenden Weltordnung ganz zu eigen gemacht hat. So muß den auch dort anfallenden Aufmüpfigen und sonstigen Krawallmachern, die sich nicht an die Regeln halten wollen, gelegentlich eben gezeigt werden, wo der freiheitliche Frosch die Locken hat.

Wenn in Land B die dortigen Hungerleider gewalttätig werden, kann das nur an einer falsch verstandenen Auffassung der Freiheit liegen, die sie ja längst schon HABEN! Analoge Aktionen unzufriedener Bürger von Land A dagegen können nur ein einziger Aufschrei nach Freiheit sein, weil dort die Freiheit erst noch importiert werden muss.

All dies in zwei aufeinanderfolgenden „Tagesschau“-Meldungen von ca. 5 Minuten hinreichend deutlich ins Unterbewusstsein des Medienkonsumenten versenkt zu haben, ist schon eine Leistung. Aber eine, die das staatlich kontrollierte Fernsehen der BRD locker hinkriegt.