Diskussionen mit DDR-Gegnern sind Diskussion mit GLÄUBIGEN (des bürgerlichen Narrativs über den Hort der Unfreiheit)

Wenn man sich mit DDR-Gegnern auf Diskussionen einlässt, muss man damit rechnen, dass man es mit GLÄUBIGEN zu tun bekommt.

Das Abwägen, die sachliche Betrachtung, das Vergleichen von Errungenschaften und Fehlern – all das ist nichts für Leute, die sich entschieden haben, dass es sich bei dem 1949 begonnen (und 1989 durch die Konterrevolution beendeten) antifaschistischen Sozialismusversuch auf dem Gebiet der DDR nur um eine fiese und im Grunde völlig unerklärliche Unterdrückungsunternehmung handelte, bei der grundlos ein herzensgutes Volk an seinem unternehmerischen Drang, seinem gesunden Reichtumserwerb und überhaupt seinem menschennatürlichen Freiheitsdurst gehindert wurde.

Das Erstaunliche ist für mich, dass vergleichbare Ungerechtigkeiten, Mangelerscheinungen, Fehler dem einen System (Sozialismus) als Nachweis seiner grundsätzlichen Untauglichkeit und Widernatürlichkeit ausgelegt werden, während sie bei dem anderen System (Kapitalismus) immer nur als Kollateralschäden einer unschlagbar guten und effizienten Ordnung verstanden werden.

Ein kürzlicher Thread hat mir all das mal wieder vor Augen geführt und mich zum Versuch einer Illustration dieses Phänomens inspiriert:

Es fällt jedenfalls schwer, dem mentalen Jucken NICHT nachzugeben und flapsig oder unhöflich zu werden, wenn man mit Antikommunisten diskutiert (wobei „diskutieren“ eigentlich unzutreffend ist, den ein Diskurs setzt zwei sich und die historischen Tatsachen respektierende Gesprächspartner voraus).

Die Verneinung von Faktizität, die fast immer zutiefst subjektiv-emotionale Bekenntnishaftigkeit der Ideologen der „Freiheit“ (womit immer die bürgerliche Eigentumsordnung, vulgo Kapitalismus, gemeint ist) , verleitet zu verbalem facepalming, oft auch Sarkasmus (der gerne als Zynismus missverstanden wird).

Ich selber stelle fest, dass ich die DDR umso entschlossener verteidige, je mehr ich diese emotional-hysterische anti-faktische Gläubigkeit bei meinem Gegenüber spüre. Dass ich selber zu DDR-Zeiten unter Garantie mit der Staatsmacht aneinandergeraten wäre, steht auf einem anderen Blatt – Kritik am deutschen Sozialismusversuch gab es schon vor der Konterrevolution und das war auch nötig, bei aller grundsätzlichen Solidarität mit dem Sozialismus als gesellschaftliche Reproduktionsform.

Was mir die Fußnägel aufrollt, ist die explizite Weigerung speziell von Antikommunisten und DDR-Dissern, sich mit historischen Fakten und klassengesellschaftlichen Machtfragen zu befassen; stattdessen höchst individuell, subjektiv (und durch und durch den ideologischen Narrativ der Herrschenden Klasse wiederkäuend), einen Staat, eine Eigentumsordnung, ein Gesellschaftssystem auf ein paar negative Erscheinungen zu reduzieren und auf dieser fiktiven Basis ein eschatologisches Verdammungsurteil zu fällen.

Was dies so absurd macht, ist vor allem der offenkundige Logikbruch, der Widerspruch zu der ebenso grundsätzlich-gläubigen ZUSTIMMUNG zum Imperialismus in seiner demokratisch-kapitalistischen Form: dieser nämlich kann Fehler haben und begehen soviel er will, er kann buchstäblich in Blut waten und Leichenberge auftürmen, er kann Millionen und Abermillionen von Bewohnern dieses Planeten mit Not, Elend, Krieg und Terror überziehen – niemals würde das einen Antikommunisten zum Infragestellen der kapitalistischen Ordnung veranlassen.

Und das ist das, was ich Gläubigkeit nenne.