Geschichten aus der Kriegszeit: Haltet den Dieb, schrie der Räuberhauptmann

Auf dem Rückweg von der Arbeit den Fehler begangen, im Autoradio DLF zu hören. Als ich anschalte, läuft gerade ein Beitrag, der sich mit Bio- und Chemiewaffen beschäftigt und zunächst denke ich „Aha, endlich greifen die das mal auf, was die USA da an Schweinereien in der Ukraine anstellen mit ihren Bio-Laboren.“

Nach 20 Sekunden Zuhören werde ich aber eines Besseren belehrt: es geht schon wieder – Überraschung – um DEN RUSSEN und seine sinistren Machenschaften. Dass Russland bereits in den 1990er Jahren seine diesbezüglichen Waffen und Forschungslabore gemäß den damaligen Abrüstungsverträgen vernichtet bzw. geschlossen hat – geschenkt, mit so vielen Details will man beim DLF wohl die Hörer nicht behelligen.

In dem Radio-Feature ist jedenfalls die Rede von einem Biologischen Forschungslabor in Jekaterinburg; man erfährt, dass es „in Zusammenhang steht mit einem Bakterienausbruch im Jahr 1978“.

Wie bitte? Vor 45 Jahren zu Zeiten der Sowjetunion gab’s dort mal einen Unfall, ein Leck, was auch immer – und das macht das Labor HEUTE verdächtig?

Offensichtlich, denn obwohl die Sprecherin gleich anschließend darüber informiert, dass noch zu Sowjetzeiten die Forschungen dort beendet und in Kasachstan weitergeführt wurden, bleibt die aus DLF-Sicht wohl hochverdächtige Tatsache bestehen, dass es besagtes Labor in Jekaterinburg immer noch gibt! Zwar versichern die russische Behörden, dass keinerlei Forschung zu B- und C-Waffen in dem Labor betrieben würde, aber – so wird dem Hörer zwischen den vorgelesenes Zeilen suggeriert – wer weiß denn in diesen Zeiten schon so genau, ob man dem Russen da trauen kann oder ihm nicht viel eher grundsätzlich MISStrauen muß?!

Das zweite der Bio-Waffen-Forschung und -Herstellung verdächtige Objekt befindet sich in der Metropole St. Petersburg. Der DLF-Bericht vermeldet, dass Forschungszweck dort die Arbeit an Mitteln GEGEN biologische und chemische Kampfstoffen sei. So jedenfalls die Eigendarstellung des Instituts bzw. der zuständigen russischen Stellen. Eine vorbildliche DLF-Spürnase kann durch solche Abwiegeleien natürlich nicht in die Irre geführt werden. Im nächsten Satz erfährt man, was BEIDE Einrichtungen so höchst suspekt macht: beide wurden „in den letzten Jahren komplett erneuert und modernisiert“!

Inzwischen sind die Worte „Bio-Waffen“, „Biologische Kampfstoffe“, „Biowaffen-Labor“ und „Russland“ so oft gefallen, dass man förmlich stündlich einen Biowaffenangriff durch aggressive Putin-Raketen erwartet. Der Bericht ist aber schon zu Ende; die Abmoderation betont nochmal: „Das war ein Bericht zu den russischen Forschungen an Bio-Waffen.“

Ich fahre auf die Abfahrt nach Düsseldorf-Oberkassel und frage mich, ob ich gerade richtig gehört habe. Die Medien (jedenfalls alle Nicht-NATO-Medien) sind seit Wochen voll von den Entdeckungen der russischen Armee über die Existenz umfangreicher Biowaffen-Forschung der USA in mindestens 15 Einrichtungen in der Ukraine; die Existenz dieser Einrichtungen wurde von niemand anderem als Victoria „Fuck the EU“ Nuland zugegeben; China und Russland fordern vehement Erklärungen und Auskünfte zu diesen militärischen Laboren; mittlerweile sind Dokumente aufgetaucht, die nicht nur die Art der in diesen Laboren betrieben Forschungen aufdecken (Pathogene, Milzbrand, Corona usw.), sondern das Netzwerk von Finanziers und Profiteuren dieses Geschäfts beschreiben(u.a. wird die lange bekannte Verwicklung von Hunter Biden, Sohne des US-Präsidenten, in die profitable Geschäftemacherei mit militärisch nutzbaren Viren, Bakterien usw. dokumentiert)…

All dies ist einem DLF keine Silbe wert; dafür wird eine hanebüchene Geschichte zusammenkonfabuliert, die scheinbar nur einen Zweck hat: möglichst oft das Wort „Biowaffen“ in Zusammenhang mit dem Wort „Russland“ zu erwähnen, ein propagandistisches „Haltet den Dieb!“, ausgerufen vom Räuberhauptmann persönlich.

Mir fällt ein, dass ich bereits auf der Hinfahrt in den Nachrichten innerlich über einen Satz gestolpert bin, den der Sprecher in Bezug auf eine Äußerung des Bundeskanzlers vorlas:

„Scholz kündigte ‚dramatische Maßnahmen‘ für den Fall an, dass Putin Bio- oder Chemiewaffen einsetzen würde“.

Noch ein „Haltet den Dieb“, diesmal vom Kammerdiener des Räuberhauptmannes. Und ein Signal, wie hier der kollektive Westen eventuell bereits eine False Flag-Aktion mit diesen Waffen durch seine ukrainischen Handlanger ankündigt. Eine False Flag, die man dann zur weiteren Eskalation des Krieges Russland in die Schuhe schieben kann. Darauf wird dass Publikum anscheinend schon mal eingestimmt.

Man hört jedenfalls die Nachtigall ziemlich laut trapsen – vor allem, wenn man sich an die „Hufeisen“-, „Brutkasten“- und „Massenvernichtungswaffen“-Lügen des Westens erinnert, die den jeweiligen Feinden zur Rechtfertigung westlicher Kriege untergejubelt wurden.

In diesem von beiden Seiten als Endkampf um ihre grundsätzliche Stellung in der Staatenkonkurrenz geführten Krieg hat die westliche Seite den eindeutigen Vorteil, mit dem Finger auf Russland als Aggressor deuten zu können; vor allem hat sie aber den Vorteil, dass der Krieg auf westlicher Seite von Truppen geführt wird, die zu einem Großteil aus Nazis bestehen. Diese Leute sind zu jeder Unmenschlichkeit, zu jeder Perversion fähig – das weiß man aus der Geschichte ihrer deutschen Vorbilder und den zahlreichen imzwischen verfügbaren Beweisen ukrainischer Kriegsverbrechen. Ein Bio- oder Chemiewaffen-Einsatz durch ukro-faschistische Verbände ist eine Option, die hundertprozentig zu der völkischen Ideologie und dem Russenhaß dieser Figuren passt.

Gibt es auch einen Vorteil Russlands in diesem Krieg?

Ja: dass es ihn in der Praxis, also am Boden, gewinnt (die überwiegende Lufthoheit über der Ukraine hat es anscheinend bereits) und dass es seinen Feind versteht (umgekehrt ist dies nicht der Fall).

Russland wird niemals dem Faschismus weichen oder ihm nachgeben. Das Land mag inzwischen kapitalistisch sein, sein Präsident ein Politiker, der gerne mal die nationalistische Karte spielt (welcher bürgerliche Politiker tut das nicht) – aber wenn es um eine existenzielle Bedrohung des Landes geht, um eine Feindschaftserklärungen der Art, wie sie 1941 die Deutschen Faschisten und spätestens seit 2014 die NATO-Demokraten manifestieren, dann ist auf Russland Verlass: Смерть фашизму!