Die Frau studiert mal wieder den Immobilienmarkt in der Umgebung. Von ihrer Ecke im Sofa erschallt es: „Boah, in Niederkassel sind die Wohnungen inzwischen genauso teuer wie hier! Die nehmen da für eine Ein-Zimmer-Wohnung 800 Euro – das ist ja ekelhaft!“
Niederkassel schließt sich auf der linksrheinischen Halbinsel der Landeshauptstadt direkt an den mondänen Altbau-Schickimicki-Stadtteil Oberkassel an, in dem zu wohnen wir das fragwürdige Privileg haben. Allerdings zu Mietpreisen, die eine permanente Ausschau nach günstigeren Unterkunftsmöglichkeiten nahelegen.
Erfreut und ermuntert durch die ungewohnt (ungewollt?) kapitalismuskritische Feststellung der Liebsten antworte ich: „Nicht nur die Mietpreise! Dieser ganze Kapitalismus ist ekelhaft. Je älter ich werde, je klarer die Dinge vor meinen Augen liegen, umso mehr könnte ich…“
An dieser Stelle unterbricht mich die Gattin und ergänzt meinen angefangenen Satz:
„… Rotwein trinken!!“
Ich beende meinen begonnenen Monolog über die essentielle Widerwärtigkeit des Ausbeutersystems und erkenne an, dass auch dieser Schluss eine angemessene Konsequenz aus der täglichen Erfahrung des „Exils auf der Welt“ ist, die mich als immer ausgeprägter werdendes Grundgefühl beim Zurechtkommen im Kapitalismus begleitet.