Nicht nur im öffentlichen Raum, auch beim Radiohören wird man ständig von mehr oder weniger (meist mehr) idiotischen Kauf- und Konsumaufforderungen belästigt. Schon um das wenigstens beim Radiohören zu umgehen, höre ich fast ausschließlich MDR Kultur oder ähnliche Sender. Wenn man diese allerdings streamt, z.B. über die TuneIn App, muss man zu Beginn einen Werbespot ertragen.
Die Ohren kann man nicht verschließen wie die Augen, und woanders hinhören geht auch nicht so einfach wie woanders hingucken, also höre ich gezwungenermaßen die 20- oder 30-sekündige Ansprache einer (nach Stimmlage, Intonation und gefakeder Begeisterung zu urteilen) etwa 24-Jährigen, die mir in sehr direkter, persönlicher, unangenehm aufdringlicher Art und Weise zuruft – nein, mich ungefragt verbal bedrängt – dass nur ich aussuchen könnte oder würde, wie mein Diesunddas aussehen oder gestaltet würde (die beworbene Sache habe ich vor lauter Ekel über diese Aufdringlichkeit gar nicht mitbekommen), “du allein entscheidest!!!” und ähnliche Jubelschreie, die mir nahelegen sollen, dass meine persönliche (Entscheidungs-)Freiheit mit dem Erwerb dieses Gegenstandes oder dieser Dienstleistung ihre letztendliche Bestimmung und Erfüllung gefunden hätte.
Bevor ich in die Kaffeetasse kotze, besinne ich mich, dass diese akustische Umweltverschmutzung ja in wenigen Sekunden vorüber ist und weigere mich innerlich ein weiteres Mal, die allgegenwärtige Werbeberieselung als unvermeidlichen Preis für diverse Annehmlichkeiten des Lebens im Kapitalismus (und damit diesen gleich mit) zu akzeptieren.
Und ich wundere mich, wie IRGENDJEMAND sich jemals daran gewöhnen kann, in einer Welt zu leben, die “Freiheit” mit der Fähigkeit gleichsetzt, sich sklavisch jeglicher Freiheit zu entäußern, um als funktionierendes Rädchen der marktwirtschaftlichen Konsumwelt zu funktionieren – eben so, wie es die Werbetreibenden brauchen, um bei Strafe des wirtschaftlichen Untergangs ihre Produkte und Dienste in der Konkurrenz um Kaufkraft abzusetzen.
Erstmal noch’ n Kaffee.