Praktisches Beispiel neoliberaler Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur: die Postfiliale in Oberkassel

Nur das historische Gebäude mit der alten Schrift über der Tür weist noch darauf hin, dass hier einstmals ein staatliches Dienstleistungsunternehmen untergebracht war, das (vielleicht beamtenmäßig, aber zuverlässig) Briefe und Pakete beförderte, Zahlungen und Bankgeschäfte ausführte usw.

Heute beherbergt das Gebäude – so wie alle Postfilialen, die ihr Postgeschäft noch nicht in irgendwelche Kioske oder sonstige Einzelhandelsgeschäfte ausgelagert haben – eine Filiale der Postbank, ein Unternehmen der Deutschen Bank. Diese gelb angestrichene Privatbank hat ihre Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr immer weiter reduziert; mittlerweile ist samstags ganz geschlossen und unter der Woche noch vormittags geöffnet.

An den fünf Postschalter sitzen maximal zwei Angestellte, die versuchen, so gut es geht, dem Kundenandrang gerecht zu werden. Auf der gesamten Länge des Publikumsbereiches sind mit Glaswänden abgetrennte Beratungsbüros der Postbank eingerichtet, insgesamt vier, die auch alle besetzt sind. Dort sitzen beschlipste Männchen in Einheits-Sakkos an Schreibtischen und drehen Däumchen beim Warten auf Bankkunden. Denen sollen sie die Bankprodukte der Deutschen Bank im Gewand der Postbank verkaufen. Im Schalterbereich stauen sich unterdessen die Schlangen der Postkunden bis zum Eingang. Geld einzahlen und abheben müssen Postbankkunden nämlich nach wie vor am Schalter.

Das ganze Elend dieses 1995 in einen börsennotierten Konzern umgewandelten staatliche Dienstleisters, der alle paar Jahre umgebaut, filetiert und auf immer noch mehr Profitabilität ausgerichtet wird, bleibt den normalen Postkunden natürlich nicht verborgen. Jeder Gang zur Post für die üblichen Anliegen wird zu einer Zumutung, für die man Zeit, Geduld und Nerven mitbringen muss. Während der ausgiebigen Wartezeit kann man sich die Männchen in den Glaskästen anschauen, die wichtigtuerisch in Akten blättern, Notizen anfertigen und auf Bildschirme schauen, aber in der Regel keinerlei Kundschaft haben.

In einer besseren Gesellschaft würde die gesamte öffentliche Infrastruktur des Landes – Post, Telekommunikation, Transport, Gesundheit – in den wesentlichen Teilen und als erster Schritt wieder staatlicher Kontrolle unterstellt und den privaten Eigentümern entzogen.