Das Kindermagazin „Bento“ der Hamburger NATO-Gazette „Spiegel“ ist alarmiert: auf Netflix läuft eine neue norwegische Serie an, die sich mit Umweltproblemen und Klimawandel beschäftigt und dabei anscheinend „Kapitalismuskritik“ übt.
Das ruft die Volkserzieher unseres demokratischen Meinungsführerfachblattes auf den Plan, denn wie Kapitalismuskritik zu gehen hat, weiß der „Spiegel“am besten:
„Ragnarök“ will gern eine Parabel auf aktuelle Klimaprobleme und deren Verursacher sein. Das wird aber leider mit Thors Vorschlaghammer vermittelt: Arm gegen Reich, Gut gegen Böse – es gibt keine Zwischentöne.“
Für die Zwischentöne weiß sich der „Spiegel“ im Bunde mit der Ikone der Klimabewegung, deren „Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“-Harmlosigkeit in Bezug auf jeden echten Kampf gegen die Naturzerstörung durch den globalen Kapitalismus sie bekanntlich zur begehrten Dialogpartnerin der Big-Time-Naturzerstörer und ihrer politischen Handlanger gemacht hat:
„Kapitalismuskritik ist gut und wichtig, wird in “Ragnarök” aber leider auf eine so platte und naive Art praktiziert, dass es einen glatt aus den von Kinderhand produzierten Sneakern haut. Das ist nicht nur schade, sondern gefährlich. Die reale Greta Thunberg redet nicht nur mit den Eliten, sondern ist mahnendes Vorbild für ihre und andere Generationen, die gemeinsam durch ihr Konsum- und Wahlverhalten die Klimakatastrophe mitverantworten.“
Puh, das war knapp: fast wären jugendliche Netflix-Konsumenten jetzt einer FALSCHEN Kapitalismuskritik aufgesessen. „Bento“ bzw. „Spiegel“ erteilen einem gewissen Unbehagen über die Schlechtigkeit der Welt zwar ihren gönnerhaften Segen („… Kapitalismuskritik ist gut und wichtig“), stellen aber klar, dass solche Kritik auf keinen Fall zu verwechseln ist mit einer, die die kritisierten Schäden durch Entmachtung der Schädiger beendet.
Wirkliche Kritik in der Welt, die den „Spiegel“ und „Bento“ Journalisten ihr Gehalt bezahlt, wendet sich nämlich nicht an die Urheber der kritisierten Zustände (und wenn, dann nur als Bittsteller und um „mit den Eliten“ zu „reden“), sondern macht die Geschädigten verantwortlich: DIE sollen gefälligst ihr Konsumverhalten ändern, den Gürtel enger schnallen, die Richtigen wählen – denn dann können „Unternehmen … ihre klima- und umweltschädlich hergestellten Produkte und Dienstleistungen einfach einpacken“.
Unterm Strich stelle ich fest: wenn ein Status-Quo-Gehirnwäscheblatt wie der „Spiegel“ soviel Einwände gegen eine Netflix-Serie hat, muß ich mir die mal ansehen. Samstag Nachmittag bis zum Topspiel der Bundesliga gerettet!