Man muss sich heutzutage mit identitärer Identität identifizieren, sonst ist man Nazi

Auf dem Weg durch die Stadt fällt mir ein Plakat auf, das Familienbetriebe und Unternehmen ansprechen und für die Umstellung auf Wärmepumpen sensibilisieren soll. Wärmepumpen gelten anscheinend in der Ära des grünen Irrationalismus als Allheilmittel gegen Klimawandel und das übrige Schlechte in der Welt. Das alleine ist schon bizarr genug, aber der Anblick des Plakates läßt mich an ein satirisches TicToc-Filmchen denken, das ich heute morgen sah. Darin erzählt ein falscher Robert Habeck den Zuschauern, dass die Umstellung ganz einfach ist und dass er sie in seinem eigenen Keller bereits erfolgreich gemacht hat.

Die Kamera begleitet „Robert Habeck“ in den Keller und zoomt ein auf einen Ausdruck, der an der Wand hängt. Darauf steht: „Diese Heizung identifiziert sich ab sofort als Wärmepumpe und erfüllt damit die Vorschriften des Emergieirgendwas-Gesetzes“ (oder so ähnlich).

Während ich daran denke, breitet sich an meinem inneren Horizont panoramamäßig das zeitgeistige Gesamtbild der derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklung aus; der Grund, warum seit einiger Zeit die IDENTIFIKATION mit irgendetwas, die rein subjektive, gefühlte, individuelle Befindlichkeit des einzelnen Marktteilnehmers das Nonplusultra des modernen Imperialismus ist. 

Je umfassender und totalitärer die Verfügung der finanzkapitalistischen Herrschaft über die Gesellschaft ist, je weniger tatsächliche Freiheit, Souveränität und Autonomie der Einzelne (oder ganze Staaten!) haben, umso größer wird die ILLUSION aufgeblasen, dass man diese Freiheit HÄTTE: und zwar auf dem einzigen Feld, auf dem die autonome Entscheidung eines Individuums noch zulässig ist, dem des GEFÜHLS, dem des Wunsches, irgendetwas anderes zu sein als man gerade ist.

Zulässig ist diese Freiheit, weil sie die Herrschaft der globalistischen Eliten und der finanzkapitalistischen Oligarchie nicht stört. Im Gegenteil: mit ihr ist ein Bereich eröffnet, in dem sich die verschiedenen und gegensätzlichen Interessen der Leute auf einem Spielfeld austoben können, auf dem sie beschäftigt und unterhalten werden – und das ihnen die Einbildung läßt, dass sie etwas ganz Elementares im Leben SELBST zu entscheiden hätten. Wenn der einzelne Marktwirtschaftsuntertan schon keinerlei Mitsprache hat bei den Fragen der gesellschaftlichen Reproduktion, des Eigentums an den Produktionsmitteln, des Gesellschaftssystems – dann aber wenigstens (und dafür mit voller Wucht und staatlich und medial von allen Seiten ermuntert !) in der Frage, ob man Männlein, Weiblein, irgendwas dazwischen und generell ganz bunt und divers und mit lauter lustigen Identitäten identifiziert sein will.

Die obsessive Promotion dieser „Freiheit“, die Dringlichkeit, mit der die öffentliche Meinung mit der Ideologie des „Du bist das, mit dem du dich identifizierst“ gefüttert und geformt wird, weist auf die Verzweiflung hin, die die Eliten des neofeudalen Finanzkapitalismus erfasst hat. Sie haben NICHTS mehr, mit dem sie ihre Bevölkerungen bestechen und auf ihre Seite bringen können. Sie müssen jetzt auf ideologische Angebote zurückgreifen, die vollkommen auf irgendein materielles Versprechen verzichten und stattdessen ganz und gar auf die gefühlte, subjektive imaginierte Wunschwelt des Einzelnen setzen. Sie unterstreichen die Wucht, mit der sie diese ideologische Offensive führen, mit der vernichtenden medialen (gerne auch beruflichen) Abstrafung aller Abweichler als Ewiggestrige, Rechte, minderheitenfeindliche Speießer und (darf nie fehlen) Nazis.

Ihr Problem: die Leute außerhalb der herrschaftlichen und woken Filterblase durchschauen das auf ihre ohnmächtige, volkstümliche und oft wenig ausdrucksfähige Art und lassen sich kein X für ein Y(-Chromosom) vormachen.