Ich merke gerade, dass die Annexion der DDR jetzt meine Lebenszeit genau hälftig teilt:
50% meines Lebens hab ich vor und 50% nach der Konterrevolution verbracht.
Auch wenn’s mich vor der neuen großdeutschen BRD jeden Tag mehr gruselt, habe ich keine Sehnsucht nach der alten Bonner Republik.
Nach der DDR (der ich bis zu ihrem Ende wenig Verständnis entgegenbrachte) schon. Sie fehlt nicht nur mir, sie fehlt der ganzen Welt. Sie fehlt ganz besonders Deutschland.
Sie fehlt diesem Land wie ein Körperteil, das abgehackt wurde und mit einer schmucken Prothese ersetzt wurde, die nie als Ersatz taugte, weil in ihrem Inneren von Anfang an die Fäulnismaden des Imperialismus ihr Werk verrichteten.
Ein neues, organisches Körperteil muss und wird nicht nur die Prothese ersetzen, sondern den lebenden Leichnam gleich mit, der sie verschrieben und eingesetzt hat. Es wird der alten DDR insofern gleichen, als es sozialistisch ist, und es wird sich von der DDR insofern unterscheiden, wie nichts Lebendiges identisch mit einer anderen organischen Lebensform ist.