Seit Tagen ist der jahreszeitliche Adventskranz Thema in unserer heimischen Volkskommune. Das heißt, bei meiner Herzdame, die von Amts wegen für die häusliche Ordnung und heimische Deko verantwortlich zeichnet (ein Stück weit Amtsanmaßung, die ich aber in meiner Altersweisheit und meiner angeborenen Unlust zu irgendwelcher Hausarbeit gütig durchgehen lasse). Ich selber habe mit dem jahreszeitlichen christlichen Hokuspokus nichts zu tun, aber auch nichts gegen Kerzenlichtgemütlichkeit und lecker Gebäck.
Heute nun, den 1.Advent in greifbarer Nähe, konnte sie es nicht mehr aushalten und beantragte einen Ausflug nach Flingern – neben Oberkassel das zweite mondäne In-Viertel der Landeshauptstadt, allerdings mit eindeutig jüngerer Bevölkerungsstruktur und deutlich mehr schicken Einzelhandelsgeschäften, in denen die betuchte obere Mittelschicht Geld für nutzlosen, teuren, aber nachhaltig, ökologisch und edel gefertigtem Kram loswerden kann.
Dort nämlich, so hatte die Gattin im Internet herausgefunden, gab es scheinbar den einzigen Blumenhändler Düsseldorfs, der künstlerisch anspruchsvolle und dekorative Adventskränze herstellte. Wie es der Zufall wollte, war heute auch der Tag ihres Gehaltseinganges, der sich jedes Jahr im November um das Weihnachtsgeld verdoppelt.
Von daher gab es also kein Halten mehr und wir betraten nach kurzer Parkplatzsuche den Blumenladen. Das kleine Geschäft war einer jener Läden, die nur in wohlhabenden Stadtvierteln funktionieren, wo es genügend Kundschaft mit dicken Portemonnaes gibt: elegant, aber gemütlich eingerichtet, schöne Deko, Wohnzimmeratmosphäre, große klassische Gemälde an der Wand, deren Sujets aber mitnichten spießig, sondern „augenzwinkernd ironisch“ wirken sollen.
Inhaber und Florist war der klischeemäßig übliche Schwule, zuvorkommend, sympathisch und erkennbar ganz der Ästhet.
Meine Liebste fühlte sich sofort wie zuhause und untersuchte die diversen Adventskränze. Diese wirkten auf mich zugegebenermaßen edel und schick, vor allem aber teuer; sie waren irgendwie aufgebockt bzw. doppelt so hoch wie „normale“ Adventskränze, wie ich sie von früher kannte. Es waren gewissermaßen die SUVs unter den Adventskränzen. Die Frau fragte pro forma nach dem Preis, aber ich konnte ihrer Aura entnehmen, dass die Kaufentscheidung bereits gefallen war.
So verlassen wir den kleinen Blumenladen mit einem wuchtigen, äußerst geschmackvoll dekorierten und höchst beeindruckenden Adventskranz, der ca. ein Drittel meines Monatsnettos gekostet hatte. „Und das Beste.“, flötet sie fröhlich, „den können wir nächstes Jahr wieder hinbringen und der dekoriert ihn uns neu! Das macht doch den Preis wieder ganz ok, oder?“
Auf solche Fragen sage ich in der Regel gar nichts, außer dass ich gelegentlich ein zustimmendes grunzen vernehmen lasse. Was soll ich mich auch einmischen, es ist nicht mein Geld und schöne Dinge sind eben auch Lebensqualität.
Zuhause ziert der Adventskranz nun den Wohnzimmertisch und es erging die Ansage, dass „immer nur eine Kerze“ anzuzünden sein pro Adventssonntag. Fair enough, finde ich – wenn schon, denn schon.
Abschlußbemerkung der Frau, als sie vom Sofa aus sowohl Fernsehnachrichten wie Adventskranz im Blick hat: „Wenn jetzt die Welt untergeht, haben wir wenigstens einen schönen Adventskranz!“