Geschichten die das Leben schrieb: Im Bardo hört dich keiner schreien

Die Psychologie des gesamten siebten Lebensjahrzehntes (und zwar umso stärker, je weiter es voranschreitet) ist geprägt vom Schwanken zwischen zwei mentalen Mustern, die eher komplementäre Pole sind als Gegensätze: 

Zum einen die Erkenntnis des unerbittlichen Verfalls von Körper und Geist, sowie das Hadern mit diesem progressiven Nachlassen all der Kräfte und Fähigkeiten, deren Besitz und Ausübung man bis hierher für selbstverständlich gehalten hatte.  

Zum anderen der Versuch, sich in das Unvermeidliche zu fügen und zu akzeptieren, dass von nun an alles nur noch weiter bergab geht.

Pausen von dieser gnadenlosen Abwärtsspirale gibt es kaum; Trost besteht einzig in der Einsicht, dass die Zeit dahin rast und bald, sehr bald, das Ende des irdischen Gastspiels erreicht ist. Und, in lichten Momenten, dass man vielleicht ein paar nützliche Dinge gemacht, einige Leute inspiriert und Menschen nicht ausgenutzt und ausgebeutet hat.

Der Zwischenzustand zwischen Geburt und Tod gleicht dem Tautropfen auf dem Grashalm bei Sonnenaufgang, oder den Wolken am windigen Himmel. Schnell naht die Zeit des Abschieds von allem, was man kennt. 

„Zur Zeit, da Körper und Geist sich trennen, geht dir die wahre Erscheinung des Seins-an-sich als subtil und klar, hell-strahlend, von Natur aus leuchtend und doch furchterregend auf, gleich dem Glitzern einer flimmernden Fata Morgana über einer hochsommerlichen Ebene.“

Darauf sich vorzubereiten, ist nicht verkehrt.