Im Urlaubsort gehen wir eine Runde durch die Ansiedlung und kommen an einem Haus vorbei, das uns bereits im letzten Jahr auffiel: es war weitgehend fertiggestellt, schon bewohnt, aber sämtliche Zufahrten, Vorgarten, Eingangsstufen zur Haustür usw. fehlten, überall ragten Rohre und Kabel aus der Erde, Auto, Kinderroller und Fahrräder standen auf einem improvisierten Schotterplatz – kurzum: das Ganze wirkte wie das Projekt einer jungen Familie, der kurzfristig die finanzielle Puste ausgegangen war.
Diesmal, als wir zum ersten Mal wieder an dem Haus vorbeikommen, sieht alles haargenau wie im letzten Sommer aus: derselbe unfertige Zustand, derselbe Schotterplatz, dieselbe Holzpalette vor der Haustür als Ersatz für eine Treppenstufe.
Wir mutmaßen über die Gründe und sinnieren über Teuerung und Inflation, gestiegene Baustoff- und Handwerkerpreise u. ä.
Am nächsten Abend dieselbe Runde, derselbe Anblick, man hört Kinderstimmen, der Abend ist milde, die See ist fast unhörbar, so wenig Wellengang hat es heute Abend.
Die Liebste, die mit dem Hund ein paar Meter vorausgegangen ist, blickt in Richtung des Hauses, bleibt abrupt stehen und wartet, bis ich zu ihr aufgeschlossen habe.
Sie deutet mit einer Kopfbewegung in Richtung Haus und sagt: „Ey, kein Wunder dass das Haus nicht fertig wird! Der sitzt da und kifft!“
Tatsächlich hockt der junge Familienvater und Bauherr (ich nehme an, dass er das ist) an der Längsseite seines Eigenheimes auf dem Baustellenboden und zieht gemütlich an einem Joint, dessen Rauchschwaden unverkennbar duftend bis hin zu mir ziehen.
Ich grinse ihn an, laufe weiter und stelle mir vor, um wieviel angenehmer ein solides High auch eine finanzielle Durststrecke macht – solange jedenfalls, wie es noch für das beliebte Kräutlein reicht. Andrerseits könnte einem auch die cannaboid geschärfte Sinneswahrnehmung einen Strich durch die Rechnung machen und den Anblick des tristen Baustellenchaos rund um das traute neue Heim zu einer Herausforderung ästhetischer Art machen. Wer weiß das schon…
Ich wünsche dem kiffenden Hausherrn jedenfalls einen unversiegbaren Nachschub an THC-haltigen Pflanzenprodukten und die nötigen finanziellen Mittel, um sein Häuschen auch äußerlich und rundherum zu vollenden.