Geschichten aus der Parallelrealität: gute Freunde, gute Ratschläge, gute Nacht

Wenn man alle naselang irgendwelche schlimmen Nachrichten aus Nicht-NATO-Medien über den Ukrainekonflikt postet, die auf die leichenträchtigen Buben- und Schurkenstücke des Kiewer Regimes aufmerksam machen, würde man Partei ergreifen und sich der Möglichkeit berauben, Leute argumentativ zu erreichen – „abzuholen“ – die vielleicht noch zögerlich sind in der Bewertung und Einschätzung dieses militärisch ausgetragenen geopolitischen Interessengegensatzes, höre ich von guten Freunden.

Auch von kommunistischen guten Freunden, die Wert auf ihre besonnen marxistische, abwägend neutrale und nicht Partei ergreifende Haltung zur Speziellen Militäroperation Russlands legen.

Besonders nutzlos sei es, wenn man dies unkommentiert täte und bloß die aktuellsten Meldungen aus Telegram-Kanälen wie „Neues aus Russland“ von Alina Lipp oder „Russländer und Freunde“ weiterverbreite, sagen diese Freunde.

Es würde schließlich in jedem Krieg gelogen und man solle sich (und die Gesprächspartner oder Leser) lieber fragen, was man denn davon hätte, unter IRGENDEINER kapitalistischen Herrschaft zu stehen.

Konkret: was für einen Unterschied macht es für einen ukrainischen Lohnarbeiter, ob seine Ausbeutung durch ukrainische oder russischen Kapitalisten erfolgt? Warum sollte ein Ukrainer oder ein Russe zu den Waffen greifen, wo doch beide unter derselben kapitalistischen Herrschaft stünden? Stattdessen sollten beide den Waffendienst verweigern und sich gegen ihre jeweilige Obrigkeit wenden. Der Nationalismus, der die Leute gegeneinander aufhetzt, wäre das eigentliche Problem.

Ich kann mit solchen Standpunkten nichts anfangen, auch wenn ich die Einschätzung teile, dass Nationalismus eine Art der Identifikation mit einer eingebildeten Entität ist, deren Wahrheitsgehalt von den Fakten der realen Klassengesellschaft blamiert wird. Offensichtlich können aber auch kapitalistische Herrschaftsformen stark unterschiedlich sein. Der ukrainische Nazismus dürfte unbestritten in seiner nach innen gerichteten Ideologie von Hass, Russophobie und Gewaltbereitschaft ungemütlicher sein als der konservativ-kapitalistische Staatsentwurf der Russischen Förderation mit seiner Betonung auf russischen Traditionen, Multinationalität und Родина (Rodina/Heimat). Ganz zu schweigen von der nach außen projizierten Aggressivität gegen abweichende Volksteile; eine Aggressivität, die in der Ukraine zuerst zu dem Bürgerkrieg des Kiewer Regimes gegen die abtrünnigen Donbass-Volksrepubliken geführt hat und schließlich zum begeisterten Fronteinsatz als Stellvertreter für den Krieg des US/NATO-Blocks gegen Russland (und, so muß man anfügen, als Warnung an und Testlauf für den Waffengang gegen China, den die strategischen Planer der Washingtoner NeoCons ohnehin als unvermeidlich ansehen).

Kurzum, ich denke, es macht einen Unterschied – und zwar einen entscheidenden- ob man sich in wie auch immer begründeter Äquidistanz ideell „aus allem raushält“, grundsätzlich-philosophisch die Absurdität jedes Krieges und jeder Gewalt beklagt und beiden Seiten vorwirft, Dreck am Stecken zu haben oder ob man hinschaut und sieht, welche Interessen hier aufeinanderprallen und welchen davon man schon aus humanistischen Gründen die Durchsetzung wünschen muß.

Adrien Boquete, ein ehemaliger Angehöriger einer französischen Spezialeinheit, half als Freiwilliger in der Ukraine bei der humanitären Versorgung. Wieder in Frankreich berichtete er:

🔺 von ukrainischen Kriegsverbrechen,

🔺 von in der Öffentlichkeit präsenten Neonazis,

🔺 von ausländischen Journalisten, die ukrainische Verbrechen decken

🔺 und von absichtlich in Wohnhäusern versteckten Waffen aus dem Westen.

Von ihm wird der Satz zitiert: “Es gibt zwei Seiten und etwas dazwischen. Mit meiner Haltung schneide ich mir sicher ins eigene Fleisch, aber ich habe die Konsequenzen bereits akzeptiert.”

Dem schließe ich mich gerne an.

Genug für heute (vorerst).