Beim morgendlichen Duschen fällt mir nach einer Weile auf, das ich noch mehr als sonst „das ganze Bad unter Wasser setze“, wie meine Liebste die paar Spritzer zu nennen beliebt, die bei einem Duschgang ihren Weg nach außerhalb der Wanne finden.
Alarmiert begutachte ich den Duschschlauch, von dem eine verdächtige Menge Wasser in einem dünnen Nebenstrahl bestimmungsfremd Ablage, Waschbecken und nähere wie weitere Umgebung einnässt. Das Ding ist hin, das Duschen muß abrupt beendet werden und die Untersuchung im getrockneten Zustand ergibt eine eindeutige Diagnose: ein neuer Duschschlauch muß her. Auch das nötige Werkzeug – eine Rohrzange – fehlt und muß gekauft werden.
Da ich Frühschicht habe, die Gattin noch schläft und ich unnötige Aufregung am Morgen lieber vermeide, hinterlasse ich eine Nachricht direkt über der Mischbatterie der Badewanne:
„Dusche bitte nicht betätigen. Duschschlauch ist kaputt, ich besorge nachher im OBI Werkzeug und einen neuen Schlauch – Dein Handwerkergott“
Soweit, so gut, die Schicht geht störungsfrei vorüber und auf dem Rückweg stoppe ich beim Baumarkt meines Vertrauens und besorge die benötigten Sachen. Zuhause steht die aufgrund der sanitären Notlage ungebadete Frau bereits erwartungsvoll neben der Wanne, während ich mit professioneller Miene meine Mitbringsel ablege.
Sodann mache ich mich mit Zuversicht und Kompetenz an die knifflige Aufgabe, den völlig verkalkten Schlauchanschluss von der Mischbatterie zu lösen. Nach wenigen Minuten stellt sich das als ein Ding der Unmöglichkeit heraus – entweder habe ich das falsche Werkzeug oder das Teil ist irgendwie auf molekularer Ebene mit dem Metall der Batterie verschmolzen und mit normalen Mitteln nicht mehr loszukriegen.
Zum Glück hat die Frau eine Verabredung und muss die Wohnung verlassen. „Du machst das mit dem Duschschlauch noch fertig, oder?“ ruft sie mir ermutigend zu und ist verschwunden. Keine 3 Minuten später habe ich mit Hilfe roher Gewalt zwar den Plastikteil des Schlauches losbekommen, das Gewinde allerdings, das ihn am Anschluss der Mischbatterie befestigt, um keinen Millimeter bewegen können.
Fluchend erkenne ich die Grenzen meinen handwerklichen Kompetenz an und beschließe, den einzigen ECHTEN Handwerkergott anzurufen, den ich kenne: den polnischen Superhandwerker P., ein Allroundkönner, der von Trockenbau bis Sanitärinstallation jede handwerkliche Tätigkeit aus dem Eff-Eff beherrscht und jederzeit bereit ist, sich ein bißchen Schwarzgeld dazuzuverdienen.
Zu meinem Glück hat P. heute tatsächlich Zeit und verspricht, in ca. anderthalb Stunden zu erscheinen. Ich bin erleichtert und lege mich erstmal für eine Runde Mittagsschlaf hin. Nach gefühlten 5 Minuten – in Wahrheit einer ganzen Stunde – werde ich geweckt durch die Rückkehr der Frau. Ihr erster Gang führt sie ins Bad, um das Resultat meiner Reparaturtätigkeit in Augenschein zu nehmen.
Als sie feststellt, dass nichts passiert ist, schaut sie mich konsterniert an und fordert eine Erklärung. „Ich konnte das nicht loskriegen. Nicht mit dem Werkzeug, das ich habe. Völlig unmöglich – da bewegt sich nichts! Ich hab’s versucht, aber keine Chance…“ erläutere ich ihr den Sachstand.
„Du kannst ja wirklich GAR NICHTS!!“ bricht es aus ihr heraus, wohl angesichts der Vorstellung auf ein zukünftiges Leben ohne Dusche, in dem sie das Wasser zum Haare waschen einzeln in Kännchen aus der Küche schleppen muss um es sich anschließend viertelliterweise händisch über den Kopf zu gießen.
Die Verärgerung der Gattin wächst sekundenweise in eine Dimension höchster Explosivität und Hysterie. „Handwerkergott? Haha!! Und wie stellst du dir das jetzt vor? Willst du das jetzt so lassen oder wie?!?“
Von einer Frau, die keine Zange von einem Hammer unterscheiden kann, läßt sich ein universal kompetenter Mann wie ich natürlich nicht anbitchen. Ich bleibe also cool wie der Nordpol, mit dem Wissen im Hintergrund, dass Super-P. jeden Moment hier auftauchen wird, und antworte lässig: „Naja, dann duschen wir eben mal eine Weile nicht. Wird schon gehen…“
Das hätte ich lieber nicht gesagt, denn nun sprengt die Verärgerung der Liebsten die Hysterieskala nach Xanthippe und wenn Worte Messer wären, hätte ich jetzt ein zerfetztes Gesicht. Unter Beschimpfungen und Flüchen zieht sie sich in die Küche zum Rauchen zurück. Ich genieße meinen Informationsvorsprung in Bezug auf die baldige Lösung unseres Duschschlauchproblems noch ein bißchen – schon um zu beobachten, wohin ihr Zorn sie noch führt – und beichte dann, dass unser polnischer Handwerkergott bereits unterwegs ist.
Innerhalb von Sekundenbruchteilen ist die Luft raus aus all der Aufregung und alles ist wieder gut. Fast! Denn jetzt kriege ich noch hinter die Ohren geschrieben: „Du darfst mich nie so hinters Licht führen! Das regt mich zu sehr auf!“ Eine Antwort in Richtung „Arbeite lieber mal an deinem Hysterieproblem bzw. überprüf mal deine Prioritäten im Hinblick auf die Wichtigkeit von Dingen“ liegt mir auf der Zunge, aber ich finde, ich habe für heute genug Spaß gehabt und muß nicht noch Öl ins fast verloschene Feuer gießen.
Schon klingelt es und unser Superpole steht vor der Tür. Im Handumdrehen hat er mit seinen uralten abgenutzten Rohrzangen (meine frisch gekaufte legt er mit freundlichem Grinsen beiseite und kommentiert „Musst du andere Zange kaufen! Diese hier glatt, brauchst du geriffelt!“) den Schlauch entfernt, alles wieder sachgerecht mit Dichtungen versehen und verschraubt und mir noch ein paar gute Tipps gegen Verkalkung (der Armaturen, nicht meines Gehirns) gegeben.
Als ich ihm Geld geben will, winkt er ab: „Nee, lass sein. Diesmal nicht. Nächstes Mal gibst du wieder Geld, heute nicht!“ Nach ein paar Versuchen, ihn doch zur Annahme eines Geldscheines zu bewegen, gebe ich auf – weiß ich denn, ob der Pole an sich (ähnlich wie der Italiener, besonders der kalabresische) nicht tödlich beleidigt ist durch mein Beharren, ihm Geld zuzustecken? Am Ende so, dass er nie wieder kommt??
So endet dieser Freitag der 13. versöhnlich und finanziell sehr glimpflich. Und ich habe jetzt eine 19,80 teure glatte Rohrzange von Lux-Tools, mit der ich bei jedem Sanitärfachbetrieb Eindruck schinden kann.