Kapitalismus als Religion

Die Anbetung des Privateigentums ist die ultima ratio dieses Kultes und als solche zum unerbittlichen Sachzwang des Überlebens gemacht worden.

Die Priester und das Fußvolk dieses Glaubens sprechen gerne von dem Fortschritt und unermesslichen Reichtums, den ihr Bekenntnis einem fiktiven Subjekt namens „der Menschheit“ gebracht hätte, schweigen aber über das sehr messbare Elend bei Millionen konkreter Menschen, das der Preis dieses Reichtums ist.

Die Preisgabe von Würde und die Versklavung an das sakrosankte Credo des Privateigentums wird in den heiligen Schriften dieser Religion – den Verfassungen, Gesetzestexten und volkswirtschaftlichen Lehrbüchern – als Freiheit und Menschenwürde gepredigt.

Inzwischen ist die Erniedrigung des kollektiven und individuellen Bewusstseins durch den Kult des Privateigentums so weit gediehen, dass bis auf wenige Ausnahmen nicht nur die gesamte Welt seinem Diktat unterworfen ist, sondern reiche Individuen von Würdenträgern (Standortpolitiker, Hofschreiber, Sachverständige) der kapitalistischen Religion servil und devot umworben werden, wenn und damit sie geruhen, die Mehrung ihres Privateigentums in einer bestimmten Region stattfinden zu lassen.