Mein Gefühl ist, dass wir nicht nur in einer Vorkriegszeit leben, sondern auch in einer Gesellschaft, die teils schleichend und unmerklich, teils offen und sichtbar in Richtung Faschismus gleitet. Nicht der alte Braunhemd- und Hakenkreuzfaschismus. Sondern der moderne, freiheitlich-demokratische, völlig legale und mit rechtsstaatlichem Prozedere institutionalisierte Faschismus.
Dagegen müssen alle Leute, die die menschliche Verrohung des Neoliberalismus, die ganze brutale Verachtung der sozial Benachteiligten des bürgerlichen Staates in der Krise (ausgedrückt z.B. durch das Hartz4-Regime) wahrnehmen können, gemeinsam opponieren und wenigsten an dieser Stelle den Vormarsch der kapitalistischen Unmenschlichkeit stoppen. Und wenn’s geht umkehren.
Dabei können wir – sofern wir uns als Kommunisten empfinden – nicht die sozialistische Rechtgläubigkeit der Bündnispartner einfordern oder voraussetzen.
Das heißt aber ja nicht, dass man nicht bei jeder Gelegenheit die Klassengegensätze und die Eigentumsfrage thematisiert, denke ich.
Ich meine es ernst: ich denke, wir befinden uns in einem antifaschistischen Abwehrkampf und brauchen eine Einheitsfront aller linken, humanistischen, im guten Sinne demokratischen Kräfte gegen den Rollback zur gnadenlos brutalen Version der Kapitalherrschaft.
In meiner Familie gab es vor 1933 dieselben Diskussionen zwischen den sozialdemokratisch und den kommunistisch orientierten Antifaschisten (Großvater und Großonkel). Ergebnis: der eine landete in Gestapo-Haft und im Strafbataillon 999 (der Sozialdemokrat), der andere tauchte nach Frankreich ab und schloss sich dort der Résistance an.
Beide überlebten, zum Glück.
Was ich sagen will: in einer solchen geschichtlichen Situation haben wir keine Zeit für ideologische Streitereien und Rechthabereien sondern sollten alle Menschen guten Willens sammeln, um Bürger- und Arbeiterrechte zu verteidigen und zumindest die Voraussetzungen für Klassenkampf unter bürgerlich-demokratischen Bedingungen zu erhalten.