1.
Meine juvenile Chefin (die 30-jährige Leiterin des Sozialen Dienstes des Pflegeheims) spricht mich an wegen der vielen Personalausfälle im Pflege- und Hauswirtschaftsbereich.
Ob ich an mein Samstags-Gruppenangebot noch eine Küchenschicht anhängen könne; der Wohnbereich stünde ohne Hauswirtschafts- oder FSJ-Kräfte fürs Abendbrot da und zwei Pflegekräfte könnten unmöglich 25 Leute pflegen UND für das Abendessen sorgen.
Da dies die Art Fragen sind, auf die man nicht „Nein“ antworten kann, wenn man die Situation in Pflegeheimen kennt (außer es ist einem egal, ob die Bewohner zu Abend essen oder nicht), sage ich also zu.
Meine Chefin so: „Du bist mit Swetlana im Wohnbereich. Das ist so eine Ältere, ganz Nette….“
Ich kenne und schätze die fragliche Kollegin und muss lachen, weil sie aus Sicht einer Dreißigjährigen wohl tatsächlich „eine Ältere“ ist. Ich frage aber trotzdem aus Neugierde mal nach: „Was meinst du denn mit ‚Ältere‘?“
„Na, so ca. 45…“
„Hm… für mich ist die im besten Alter!“, gebe ich zu bedenken, „du sagst das so, als ob die kurz vor der Pensionierung steht…“
Darauf die mir hierarchisch Vorgesetzte: „Ja, aber du bist sowieso ein Rätsel. Du siehst nicht aus wie Sechzig und du benimmst dich auch nicht so. Ich weiß nicht, wie du das machst….“
2.
Vor Dienstbeginn im Getränkemarkt. Ein älterer Herr, ca. Mitte Siebzig, und ich biegen mit unseren Einkaufswagen gleichzeitig von verschieden Seiten in die Zielgerade vor der Kasse ein. Ich will ihn vorlassen, doch er bietet mir den Vortritt an und sagt: „Wir haben doch Zeit! Bei uns kommt’s doch auf ein paar Minuten nicht an…“
Ich wunder mich über das „wir“ und frage:
„Wieso? Seh‘ ich aus wie ein Rentner?“
Er, ohne zu zögern: „Ja.“