Die Unentrinnbarkeit der Sklaverei

Ich verstehe jeden, den der Irrsinn der kapitalistischen Welt in den Wahnsinn, den Freitod, die Irrationalität oder in den ausgiebigen Drogenkonsum treibt.

Wo man hinschaut, ist alles, jede Lebensäußerung, jeder Atemzug, jede Information verknüpft, gespickt, vergiftet mit der conditio sine quasi non dieser Gesellschaft: GELD, und der überlebensnotwendigen und unerbittlichen Zwangslage, die es – namens und zum Nutzen der Reichtumsmehrung der besitzenden Klasse – dem gesamten menschlichen Inventar der Welt aufdrückt.

Keine Zeitung kann man aufschlagen, keine Website aufrufen, keinen Spaziergang machen (außer im tiefsten Wald), ohne daß diese Seuche einem permanent mit Kauf- und Aktivitätsaufforderungen auf den Pelz rückt.

Auch noch die letzte Einzelheit wird mit dem Stempel “Verkäuflich” gebrandmarkt, auch noch die Erinnerung an eines der übelsten Verbrechen der faschistischen Variante der Kapitalherrschaft garniert mit dem allgegenwärtigen Appell an den marktwirtschaftlichen Überlebensinstinkt der Sklaven der Freiheit.

Der Jahrestag der Befreiung des faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee ist dem Nachrichtenportal von T-Online zwar eine Meldung wert, aber gleichzeitig und zuvorderst wird der Leser daran erinnert, in was für einer Welt er lebt: nämlich in einer, in der die reibungslose Kapitalakkumulation mittlerweile zwar nicht mehr die Methoden der deutschen Faschisten erfordert, aber immerhin – ganz so wie damals – in krisenhaftem Ausmaße ins Stocken geraten ist.

Der Normalbürger, das für den Kapitalerfolg immer noch benötigte Menschenmaterial, weiß sich nämlich in jeder Hinsicht abhängig von den Kalkulationen derjenigen, denen die Quellen der Reichtumsproduktion GEHÖREN, und deshalb leuchtet sowohl ihm wie dem Nachrichtenportal („..am Thema Geld kommen die Menschen nicht vorbei“!) auf Anhieb ein, dass er seine paar privaten Schäfchen nur ins Trockene bringen kann, wenn er im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten irgendwie an der kapitalistischen Reichtumsvermehrung partizipieren kann.

Zu diesem Zwecke muss er sich, so legt ihm T-Online nahe, natürlich den Kopf seiner Herrschaft zerbrechen und sich umfassend über den generellen und aktuellen Stand professioneller Geldvermehrung sachkundig machen.

Insgesamt eine Kombination von redaktionellem Beitrag und (in diesem Fall: Eigen-)Werbung, die Auskunft gibt über eine Selbstverständlichkeit dieser Gesellschaft, die so gruselig ist wie das Thema des redaktionellen Beitrages, und gleichzeitig so unbemerkt und alltäglich im Bewusstsein der Informationskonsumenten verbucht wird wie die Teilhabe am faschistischen Massenmord für die seinerzeitige Expansion des deutschen Kapitals nach Osten.