Nach dem Subbotnik, der unsere kommunistische Volksrepublik Oberkassel von überzähligen Büchern befreit hat, ist als Nächstes die Garderobe dran. Die Frau schlägt erbarmungslos zu und sortiert Zeug aus, das sie seit mindestens einem Jahr nicht mehr getragen hat. Schon lichten sich Kleiderschrank und Schuhregale, auch wenn eine stilsichere Frau von Welt wie meine Liebste natürlich immer noch Lichtjahre vom weibliche. Klassiker-Ausruf „Ich hab nichts anzuziehen!!“ entfernt ist.
Ich selber trenne mich von beinahe allen kurzärmeligen Hemden, nachdem mir der Inhaber des Herrenausstatters an der Ecke mit dem Ausdruck ernster Besorgnis über mein Erscheinungsbild versichert hat, dass kurzärmelige Hemden bei Männern ein absolutes No-Go sind und man sich stattdessen lieber die Ärmel von „richtigen Hemden“ hochkrempeln solle.
Jedenfalls macht sich in unserem Arbeiter- und Bürgerstaat ein Gefühl von gelebtem Zen-Minimalismus breit und veranlasst die Liebste zu folgendem Ausruf: „Ist das nicht herrlich, dass wir das ganze Zeug jetzt quitt sind? Ich entsorge jetzt alles, was wir nicht mehr brauchen, alles was nichts mehr taugt. Kommt alles in den Sperrmüll!“
Dabei fällt ihr Blick auf mich, der ich mal wieder im Sessel sitzend und am iPad daddelnd meinen Kaffee trinke. „Ich muss mir echt mal überlegen, ob ich dich nicht auch an den Straßenrand stelle“.
Schnell beginne ich, den Geschirrspüler auszuräumen, um ihren Überlegungen keine weitere Nahrung zu geben.