Peter Hacks würdigt in seiner Anfang der 1960er Jahre entstandenen Bearbeitung von Aristophanes „Der Frieden“ nicht nur den Dichter und die Kunst. Er wirft bei der Gelegenheit ein aus heutiger Sicht gnadenlos aktuelles Schlaglicht auf Hofnarren, Clowns und Spaßmacher der Mächtigen und stellt ihnen den Satiriker, den kritischen Humoristen gegenüber, der sich nicht kaufen lässt, sondern sich im „schrecklichen, kotaufwühlenden Kampf“ die „Kriegsanzettler, Städteabroder, Länderverwüster“ vornimmt.
Parabase *
Chor:
Wir aber, wir bleiben und machen von unserem Recht,
Endlos zu murmeln, Gebrauch; denn nicht nur beim Hinundhergehen
Machen wir uns Gedanken und wissen alles von allem,
Nein, wir scheun uns auch nicht und sagens, breit und ausführlich.Und unser Spruch, er leuchtet ein dem Verständigen,
Und auch der Tor, nicht wagt zu entwischen er,
Denn wir sind viel hier oben, bedenkts, Rezensenten.Chorführer:
Nämlich ein Wort für den Dichter scheint einzulegen mir nötig,
Und zu fordern den Preis ihm, ihr Herren vom Stab,
Den ihr andern Komödienschreibern, talentlosen,
Mit berechtigtem Abscheu verweigert. Ihm aber sicher gebührt er.Ihm als erstes gelangs, das Handwerk zu legen den Sudlern,
Die ihres Witzes gewaltige Waffe auf kleine Lumpen gerichtet,
Kühn Läuse bekriegt und das Gewicht endloser Akte
Nieder auf fast unsichtbare Feinde geschmettert.Er hingegen, von Kram und Problemgerümpel
Frei die Szene fegend, schuf Platz für Kunst und errichtet groß ihr Gebäude
Aus beherzten Vergleichen, bösen Ideen und Späßen voll ernster Bedeutung.
Nicht arme Spießer hat auf der Lanze er stecken, nicht tratschende Weiber,
Sondern, des Spottes ein Herkules, wagt er sich an die Mächtigsten oben,
Die mit den immer nachwachsenden Köpfen, wagt er sich
In den schrecklichen, kotaufwühlenden Kampf.Kriegsanzettler, Städteabroder, Länderverwüster zu töten allein scheint ihm würdig.
Jenes Getier mit dem gelblichen Hauzahn, dem glotzenden Hurenaug,
Der Donnerstimme des Wassers, des endlos rollenden,
Von Ohrenmelkern umringt, von Schmeichlern, Fuchsschwänzern, Federklaubern,
Stinkend wie Robben, kamelärschig, mit den Hoden der Lamia
Sah er sie sitzen, griff er sie an, in dem ewigen Streit der Kunst gegen die Großen,
Den immer der Künstler verlor, den stets die Kunst noch gewann.* Parabase: in der antiken griechischen Komödie die gewöhnlich in der Mitte des Stückes eingeschaltete, außer Zusammenhang mit der Fabel desselben stehende Ansprache des Chors an das Publikum
Peter Hacks: Der Frieden (nach Aristophones)