Die Schwiegereltern haben aus dem Nachlass irgendeines Freundes einen riesengroßen, sehr schönen Spiegel aufgetrieben: hochwertig gerahmt wie ein Gemälde, bräunlich getönt, mit einem Muster aus von goldenen Linien begrenzten Quadraten versehen. Ein Schmuckstück für jede Wohnung, das in der Wohnung der Schwiegereltern aber keinen geeigneten Platz findet und nun an die Frau und mich abgegeben werden soll.
Nachdem ich das gediegene Stück vor Ort begutachtet und mir über Transportmöglichkeiten Gedanken gemacht habe (der Spiegel passt aufgrund seiner Größe nicht in unser Fahrzeug), berichte ich der Frau über die potentielle Neuerrungenschaft für unser gemeinsames Zuhause.
„Und wie wird der befestigt? Kann man den hinstellen?“ will sie wissen.
„Kann man“, entgegne ich, „aber das würde nicht so gut aussehen, wie wenn man ihn hinhängt. Der Rahmen hat extra dafür zwei Halterungen…“
„Dann erst nach Weihnachten. Das kostet doch nur wieder Geld und wir müssen den Handwerker kommen lassen…“ kriege ich zur Antwort.
Das kann ich auf meinem männlichen Stolz nicht sitzen lassen:
„Wie ‚den Handwerker kommen lassen“? Den bringe ich selber an der Wand an. Oder traust du mir nicht zu, dass ich mit einer Schlagbohrmaschine umgehen kann?“
„Nee.“ ist die knappe und ernüchternde Antwort. Zur Erläuterung legt sie aber nach: „Das sieht man doch an den kratergroßen Löchern bei deiner letzte Bohraktion!“
Meine handwerklich unbedarfte Gattin weiß natürlich nicht, dass selbst Profis wie ich mitunter mit der Tücke des Objekts zu kämpfen haben und dass Altbauwände von Natur aus schwierig anzubohren sind: oft stößt man unter einen dünnen Schicht von Putz auf steinharte Mauern, an denen der Bohrhammer gerne abrutscht und dann verheerende Löcher in den darüberliegenden Putz reißt – ein Grund, warum ich bei derlei Tätigkeiten immer einen Spachtel und etwas Spachtelmasse dabei habe.
„Du weißt wohl nicht, dass du es bei mir mit einem Handwerkergott zu tun hast“, weise ich sie zurecht. „Wenn du mir noch nicht mal das zutraust, wozu hast du mich dann geheiratet?“
Meine Liebste muss lachen und verweist mich mit folgender Antwort auf die Plätze: „Wegen gutem Sex; bestimmt nicht wegen deiner handwerklichen Fähigkeiten!“
Ich verkneife mir die naheliegende Bemerkung über die umgangssprachlichen Zusatzbedeutungen des Wortes „bohren“ und finde mich, einigermaßen geschmeichelt, fürs erste ab mit den Zweifeln meiner handwerklichen Kompetenz.