Geschichten die das Leben schrieb: Hütt es ons alles ejal, mir fiere Karneval

Mein Tablet meldet mir kritischen Batteriestand und Ich gehe ins Wohnzimmer, um es dort aufzuladen. Die Frau sitzt auf dem Sofa und schaut ausnahmsweise mal nicht Fernsehen, sondern liest ein Buch, weshalb es angenehm still ist. „Ich hab mein iPad leer gedaddelt!“, gebe ich ihr den Grund meines Auftauchen bekannt. Sie schaut auf und fragt: „Und, was hast du Neues erfahren?“

Ich gebe ihr einen kurzen Zwischenstandsbericht über die Lage, diesmal mit Fokus auf der Geschichte, die eigentlich auf jeder Titelseite, in jeder Nachrichtensendung, jeder Talkshow, im „Presse-Club“, „Brennpunkten“ usw. diskutiert werden müsste: den Akt staatlichen Terrorismus, den die USA, unterstützt von Norwegen, an der deutschen Energie-Infrastruktur mittels Sprengung der NordStream Pipelines durchgeführt haben. Eigentlich. Bekanntlich herrscht weitgehendes Schweigen im Medienwalde, und die derzeitige Nachrichtenlage wird bestimmt von UFOs, die auf einmal überall auftauchen und von den NATO-Luftraumschützern abgeschossen werden müssen – ein Schelm, wer „Ablenkungsmanöver“ dabei denkt.

Die Frau hört interessiert zu und meint: „Also eins verstehe ich nicht: das müsste doch ein gefundenes Fressen für jede Opposition sein! Warum hört man da nichts? Wieso bleiben die stumm?“

„Wenn die ‚Opposition‘ noch transatlantischer ist als die Regierung – was soll man da erwarten?“, versuche ich eine Erklärung.

Ich räsoniere noch ein bißchen weiter: „In einer normale Welt wäre so ein Vorgang – eine Regierung lässt sich von den eigenen Verbündeten die lebenswichtige Infrastruktur wegbomben, weiß davon und schweigt dazu – mindestens eine Absetzung der Regierung wert. Sowas ist im Grunde Hochverrat, Landesverrat.. jedenfalls nichts, was sich mit dem Amtseid selbst einer bürgerlichen Regierung vereinbaren lässt…“

„Das interessiert keinen, Kay“, stellt die Liebste mit definitivem Gestus fest. Sie denkt kurz nach und kommt dann mit der ultimativen Begründung für diese Einschätzung: „Außerdem haben wir KARNEVAL!“

Da hat sie natürlich recht. An Karneval könnte Deutschland offiziell in den Krieg eintreten und die ersten Zirkons und Iskanders in Berlin einschlagen – in Köln und Düsseldorf würden die Jecken trotzdem feiern. DIESE Auszeit vom Leben unter den immer ungemütlicheren Umständen des bundesdeutschen Freiheitsladens will sich hier keiner nehmen oder verderben lassen.

Nicht umsonst heisst es im bekanntesten Düsseldorfer Karnevalslied: „Die Sterne funkele, mir Düsseldorfer schunkele, hütt es ons alles ejal, mir fiere Karneval!“