Heute vorm Urlaub mal zur Fußpflege (man gönnt sich ja sonst nichts). Die bodenständige rheinländische Fachfrau – Mittvierzigerin, schätze ich – kommt natürlich auf Inflation, Teuerung und allgemeine Lebensumstände zu sprechen und stoßseufzt: „Ja, der Putin, der ist wirklich krank!“
Ich stelle mich dumm und frage naiv: „Echt? Was hat der denn? Was Ernstes?“
„Ja, weiß ich nicht, ich meine im Kopf…“
Ich spiele weiter den Ahnungslosen: „Wie kommen Sie denn darauf? Und was meinen Sie damit? Ist er depressiv oder sowas?“
„Nee, das ist so ein Bauchgefühl… ich weiß auch nicht…“
„Frau B.“, sage ich, „kann es sein, dass Ihr ‚Bauchgefühl‘ eher etwas zu tun hat mit den Nachrichten, die Sie in den Zeitungen lesen und im Fernsehen gucken?“
„Ja, das stimmt… halt was man so in den Nachrichten hört. Dass der eben krank ist oder ein Verbrecher.“
Ich wage mich noch einen Schritt weiter vor: „Frau B., ich bin jetzt einfach mal neugierig. Auch weil Sie ja nicht die Einzige sind, die solche Sachen sagt. Darf ich Sie fragen, was Sie denn überhaupt über den Konflikt in der Ukraine wissen?“
„Naja, eigentlich gar nichts. Eben was man so aus den Nachrichten weiß…“
Sie ist erkennbar etwas beschämt, aber auch offen, und keineswegs darauf aus, an einer feststehenden Meinung festzuhalten. Als ich ihr – vorsichtig und in angemessener Ruhe und Wortwahl – erzähle, dass der Krieg seit 2014 in Gange ist, dass die kampfkräftigsten Verbände der ukrainischen Armee aus Nationalisten bestehen, die man eher Nazis als „Patrioten“ nennen muss, und dass die ukrainischen Truppen, ebenfalls seit 2014, gezielt die zivile Infrastruktur und die Zivilisten im Donbass angreifen, und dabei, wiederum seit 2014, massiv von der NATO unterstützt werden, wirkt sie verdutzt.
Von all dem hat sie noch nie gehört. Dabei hätte sie – wie jeder – die Möglichkeit, sich über Hintergründe, Interessengegensätze, Kriegsparteien usw. zu informieren.
Nur: wie jeder macht sie’s eben nicht und GLAUBT ihrer Obrigkeit und deren Verlautbarungsmedien.