Vor der Frühschicht beim morgendlichen Durchscrollen diverser News-Portale, wie immer mit „SPON“ an vorderster Stelle, springt mir ein Aufmacher ins Auge, der Entschleunigung des kapitalistischen Alltags verspricht:
Warum „wir“ nicht immer funktionieren müssen, ist ja eine Frage, die sich „uns“ in unserer Eigenschaft als Lohnarbeiter beinahe jeden Tag stellt.
Was wird uns das Special-Interest-Magazin für erfolgreiche Lebensbewältigung raten? Einfach mal ein bißchen kürzer treten auf Arbeit? Sich per Krankschreibung für ein paar Tage aus dem Verkehr ziehen lassen? Mal den Zusammenschluss der Kollegen suchen und gegen die Arbeitsbedingungen der Konkurrenzgesellschaft streiken?
Nein, an sowas hat der „Spiegel“ natürlich nicht gedacht. Dass das Nicht-funktionieren-müssen keinesfalls als kritische Betrachtung der Lohnarbeit und ihrer Zumutungen gemeint ist, macht das Blatt gleich im Teaser deutlich: „ohne unsere Pflichten zu vernachlässigen“!! heißt es da, denn das DIE unvermeidlich und undiskutierbar sind, muß einfach jedem klar sein, dem der Erfolg „unserer“ Unternehmen, und damit sein eigener („Wachstum!“, Arbeitsplätze!!“) am Herzen liegt.
Nicht funktionieren kann – und SOLLTE! – man mal im Privatbereich, da wo’s keine Unternehmensbilanzen beeinträchtigt. Einfach am Wochenende mal im Bett bleiben vielleicht? Nicht immer gleich springen, wenn Kinder oder Haustiere was wollen? Jedenfalls sollen wir „hufiger mal um uns denken“, denn „wir vergessen dabei (beim Arbeitsalltag wahrscheinlich) uns selbst“.
Diese Lebensweisheiten des Hamburger Wellness-Blättchens würden auch bestens auf die Handzettel der Esoterikmesse in Düsseldorf-Bilk passen, wo entspannungs- und erholungssüchtige Gemüter sie zwischen Klangschalen und Räucherstäbchen beherzigen können, um sich möglichst nachhaltig und schnell wieder fit zu machen für DEN Bereich des Lebens, in dem auf keinen Fall „unsere Pflicht“ vernachlässigt werden darf.