Ach nee.
Das Hamburger transatlantische Fachblatt für Imperialismuskunde bemerkt am neuen US-Präsidenten plötzlich dieselben schlechten Eigenschaften wie an seinem Vorgänger: der Mann setzt sich glatt für die eigenen imperialistischen Interessen ein und ist nicht die Bohne daran interessiert, den konkurrierenden deutschen Ambitionen viel Raum zu geben.
Nachdem Biden letzten November und bis gerade eben der Relotiusgazette sowie dem gesamten bildungsbürgerlichen Blätterwald als der ersehnte Erlöser von dem Übel des Trumpismus galt, ist er nun, wo er klar macht, dass er dessen „America first!“-Politik fortzuführen (und, was die Kriegsdrohungen gegen Russland und China betrifft, noch zu verschärfen) gedenkt, gar kein so netter Onkel mehr.
Vor allem das Nord Stream 2 Projekt, mit dem die europäische Führungsmacht Deutschland zur Drehscheibe der lukrativen Gasversorgung für ganz Europa machen will und damit eine direkte ökonomische Kampfansage an die NATO-Vormacht auf die Tagesordnung gesetzt hat, stößt den amerikanischen Geostrategen übel auf, begeistert gleichzeitig deutsche Weltpolitiker und sorgt für knallharte Auseinandersetzungen bis hin zu unter angeblichen Freunden bislang unüblichen und ganz undiplomatischen Drohungen, Sanktionen und anderen Mitteln aus dem Arsenal der politischen Erpressung, die bisher den Feindstaaten vorbehalten waren.
Für den „Spiegel“ keine Frage, wessen Partei er da ergreift. Man ist schließlich ein deutsches Nachrichtenmagazin und schon deshalb ein kennerischer und gewogener Begleiter des neuen deutschen Strebens nach einem Logenplatz an der imperialistischen Sonne.
Damit ist der Neue auf dem Chefposten der absteigenden Supermacht schlagartig gar nicht mehr unser Mann in Washington, sondern im Grunde genauso so ein Hindernis deutscher Welpolitik („europäische Positionen“, im Neusprech der deutschen EU-Vormacht) wie der pöbelnde Orange Man, den man endlich los geworden war.
Erlesene Sorgen der Handvoll Weltordnungsmächte, die sich um ihren Anteil am Kuchen zoffen!
