Krankheitsbedingt auf dem Sofa begehe ich den Fehler, den Fernseher anzuschalten.
Die staatliche Sendenanstalt bringt in ihren Nachrichten einen Bericht zu einem steuervermeidenden Geschäftsmodell für Reiche, Oligarchen und Konzerne, bei dem die einschlägig betuchte Klientel mit tatkräftiger Hilfe der demokratischen Finanzwelt des Bankensektors europaweit insgesamt 55 Mrd. Euro „auf Kosten des Steuerzahlers“ abgesahnt hat (Im Klartext also die systemübliche Umverteilung von unten nach oben, denn „der Steuerzahler“ ist ja im Wesentlichen der LOHNSTEUER-Zahler).
Das Staatsfernsehen klopft sich auf die Schulter für „die monatelange Recherche“ einer ganzen Truppe von Journalisten, der zuständige EU-Kommissar äußert Verständnis für „die Bürger, die dieses unmoralische Verhalten nicht mehr tolerieren“ wollen, der Nachrichtensprecher trägt dies alles vor wie der Verbrecherjäger von „Aktenzeichen XY“.
Kurzum, die Heuchelei schlägt wieder Purzelbäume, denn die jetzt empört verdammten Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte waren bis vor kurzen ganz legaler Bestandteil der üblichen Bereicherung derjenigen, denen die finanzkapitalistischen Verhältnisse das Privileg einräumen, aus Privateigentum und Ausbeutung fremder Arbeitskraft sich diese Tricks und Schlupflöcher der bankenaufsichtsrechtlichen Regularien zunutze zu machen.
Die Profiteure dieser Art Geschäfte, egal ob vermögende Privatleute, unternehmerische Leistungsträger oder die für die Abwicklung unerlässlichen Banker – allesamt Vorzeigebürger der freiheitliches Demokratie, die nur das taten (und immer noch munter weiter tun, laut Auskunft des Nachrichtenmannes), was in dieser Eigentumsordnung zur Natur der Sache gehört: Geld vermehren auf Kosten derjenigen, die für die Geldvermehrung mit ihrer Arbeit und letztlich ihrem Überleben geradestehen müssen.
Letztlich tun jetzt alle schwer verwundert, dass Kapitalismus tatsächlich kapitalistisch funktioniert. Allzu auffällige Disproportionalitäten – vor allem solche, die potentiell den Unmut des beherrschten Volkes hervorrufen könnten – werden allerdings im Nachhinein als Fehlverhalten einzelner Individuen dargestellt (statt als vorschriftsmäßiges Funktionieren des finanzkapitalistischen Systems), das durch Anpassung der entsprechenden Gesetze demnächst ein bißchen verhindert werden soll.