Eine Gruppe älterer Herrschaften, alles Männer, im Alter zwischen 60 und 70 (peinlicherweise also meine Altersgruppe) nimmt im ICE von Hamburg nach Düsseldorf Platz. Die grau- bis weißhaarigen leger gekleideten Jungsenioren beginnen die Fahrt gleich mit dem Entleeren der mitgebrachten Kühltaschen und widmen sich quasi ab sofort, kaum dass der Zug anrollt, ihrem offensichtlichen Reisezweck: mit einer Menge kühlen Bieren hart daran zu arbeiten, so viel „Spaß“ wie möglich zu haben.
Ich ahne, was mir in diesem Abteil bevorsteht und verschwinde unter meinen Kopfhörern. Trotzdem dringen immer wieder die lauten Sprachfetzen der Rentnergruppe an mein Ohr, vor allem aber das noch lautere, völlig aufgesetzte und künstliche Lachen, mit dem sie jede launige Bemerkung eines der ihren quittieren.
Sie steigern sich immer mehr in ihre todernste Bereitschaft hinein, unter allen Umständen eine „gute Zeit“ haben zu wollen und erinnern mich damit an die Teenagergruppen, die sich in der Öffentlichkeit genauso laut, indezent und auffällig aufführen. Im Gegensatz zu den älteren Männern drei Sitzreihen vor mir haben Teenager allerdings die beste denkbare Entschuldigung für derart fremdschämintensives Verhalten: ihre Jugend.
Bislang war ich froh, dem Teenager- und Best-Ager-Alter glücklich entronnen zu sein; jetzt sehe ich, dass der Fortschritt der Jahre keineswegs Garantie für Dezenz und edle Haltung als Ausdruck gereifter Gelassenheit ist.
Noch ein Strich auf meinem Misanthropie-Konto.